Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Ort: 0.208
100 Plätze
Datum: Donnerstag, 18.05.2023
15:15 - 16:45PW04: Interdisziplinäres Zusammenspiel zwischen Cheftrainer, Trainerstab und Teampsychologe in der Vorbereitung und Begleitung eines Bundesligaspiels
Ort: 0.208
Praxisworkshop Leitung: Henning Thrien, mentaltastic Henning Thrien
Praxisworkshop Leitung: André Haber, HC Elbflorenz

Datum: Freitag, 19.05.2023
8:30 - 10:00AK10: Interventionen zur Förderung von Motorik und Kognition
Ort: 0.208
Chair der Sitzung: Fabio Richlan, Universität Salzburg
 

Designed acute physical activity to benefit primary school children’s cognition: Effects of cognitive challenge, bout duration and positive affect

Sofia Anzeneder, Valentin Benzing, Mirko Schmidt

Institute of Sport Science, University of Bern, Bern, Switzerland

Acute physical activity (PA) can transiently enhance children’s cognition. Inconsistent evidence calls for systematic investigations of dose-response relations between quantitative (e.g., bout duration) and qualitative (e.g., cognitive challenge) PA characteristics, also considering (intra-)individual characteristics (e.g., sex, habitual PA, affective responses to PA). A series of three acute PA studies investigated: Which cognitive challenge level affects children’s cognition (study 1); which duration of the identified cognitive challenge level is optimal to reap largest benefits (study 2); if positive affect mediates the PA-cognition relation (study 3).

All studies were conducted in a within-subjects crossover design with post-test comparison. Children (5th-6th graders; N=110, N=114, N=109) performed exergaming (i.e., active video-gaming that requires gross-motor movements and quick reactions) sessions at 65% HRmax.

  • Study 1: three sessions (15-min) with varying cognitive challenge levels (low, mid, high).
  • Study 2: four sessions with varying bout durations (5-, 10-, 15-, 20-min), but the same cognitive challenge level (derived from study 1).
  • Study 3: three sessions with varying affect-inducing feedbacks (no feedback; music only; music and supportive verbal feedback), but the same cognitive challenge level and bout duration (derived from studies 1 & 2).

Executive control (flanker effect), alerting, orienting, and their interactions were assessed after each session by an attention network task (ANT-R). For analyses repeated measures ANOVAs were calculated.

Results of study 1 showed a significant interaction between cognitive challenge and flanker reaction times (RTs; ƞ2p = .07) with best executive control performances after the high-challenging condition (ƞ2ps > .01). Further, sex moderated the effect of cognitive challenge on the executive control and orienting interaction (ƞ2p = .12). Study 2 revealed a main effect of duration on overall RTs (ƞ2p = .11) with faster RTs after the 15-min compared to the 10-min condition (ƞ2p = .09). Further, habitual PA moderated the effect of duration on the executive control and orienting interaction (ƞ2p = .13). No effects emerged for accuracy. Study 3 is ongoing; results will be presented.

Compared to cognitively less challenging bouts, an acute high-challenging PA benefitted children’s executive control the most, supporting the cognitive stimulation hypothesis. In line with previous evidence, a 15-min bout benefitted overall information processing, but not attention networks. Consistent with previous studies, individual characteristics moderated the effect on attention networks’ interactions. Results may help to design school-based interventions to capitalize on physical and cognitive benefits of PA. Future studies should identify optimal challenges for chronic PA breaks in group settings.



Auswirkungen des Aufmerksamkeitsfokus auf affektive Erfahrungen, Geschwindigkeit und Herzfrequenz bei unterschiedlichen Intensitäte

Julia Limmeroth1, Hannah Pauly2, Linda Schücker2, Zachary Zenko3, Norbert Hagemann1

1Universität Kassel; 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster; 3California State University Bakersfield

Laufen bei unterschiedlichen Intensitäten steht in direktem Zusammenhang mit einer veränderten Herzfrequenz und Geschwindigkeitsgestaltung. Gleichzeitig legt der Affekt-Intensitätszusammenhang nahe, dass auch das affektive Erleben direkt von der gewählten Intensität abhängig ist (Parfitt & Hughes, 2009). In diesem Sinne postuliert die Duale Prozesstheorie (Ekkekakis, 2003), dass zum einen eine interindividuelle Variabilität der affektiven Reaktionen auf unterschiedliche Trainingsintensitäten besteht und zum anderen das Zusammenspiel von kognitiven Prozessen und interozeptiven Hinweisreizen die individuellen Ausprägungen der affektiven Reaktion beeinflusst. Daher könnte z. B. die Einnahme eines bestimmten Aufmerksamkeitsfokus je nach Trainingsintensität zu unterschiedlichen affektiven Reaktionen führen. Darüber hinaus wirkt sich dies möglicherweise auch auf die Geschwindigkeits- als auch Herzfrequenzentwicklung aus (z.B. Bertollo et al., 2015; Schücker et al., 2013, 2016). Die vorliegende Studie untersucht mögliche Interaktionseffekte von unterschiedlichen Laufintensitäten und Aufmerksamkeitsfoki auf das Affekterleben, die Geschwindigkeit und die Herzfrequenz bei erfahrenen Läufer*innen. Die Stichprobe bestand letztlich aus N = 59 Proband*innen (26.95 ± 4.78 Jahre; 42% weiblich). Die Proband*innen liefen 9 x 3 Minuten im Freien auf einem Rundkurs um einen großen Teich. Während des Laufens bei drei Intensitätsstufen (basierend auf der Borg-Skala (2003): leicht – mäßig anstrengend – schwer) wurden sie angewiesen, sich internal -auf ihre Atmung- oder external -auf die Umgebung- zu fokussieren, oder sie erhielten keine Anweisung (Kontrollbedingung). Die Interaktionseffekte Intensität*Aufmerksamkeitsfokus zeigen folgende Ergebnisse bezugnehmend auf die drei AV’s: (1) FAffekt(2.80, 162.65) = 2.47, p = .07, η² = .04; (2) FGeschwindigkeit(4, 232) = 2.47, p = .60, η² = .01; (3) FHerzfrequenz(2.71, 157.34) = 15.80, p < .01, η² = .21. Die Bonferroni-bereinigte Post-hoc-Analyse resultiert in einem signifikanten Unterschied bei mäßig anstrengender Intensität zwischen der Kontrollbedingung (M = 159.90, SD = 11.57) im Vergleich sowohl zur internalen (M = 166.53, SD = 11.89) als auch externalen (M = 167.63, SD = 10.87) Aufmerksamkeitsfokusbedingung (p < .01).

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich bei erfahrenen Läufer*innen vor allem die Herzfrequenz durch das Zusammenspiel der Intensitätsstufe und der Wahl des Aufmerksamkeitsfokus verändert. Hingegen scheint die Geschwindigkeitsentwicklung davon eher unberührt und bezugnehmend auf das affektive Erleben zeigen sich nur (nicht-signifikante) Tendenzen. Im Gegensatz zu Ergebnissen, die bei unerfahrenen Läufer*innen gefunden wurden (Limmeroth et al., 2022), legen die Ergebnisse dieser Studie nahe, dass weder die Fokussierung auf die Atmung noch der Fokus auf die Umgebung zu empfehlen ist.

Aus einer angewandten Perspektive wäre es wichtig, den „natürlichen Fokus“ erfahrener Läufer*innen zu berücksichtigen, um Ratschläge zu Strategien der Aufmerksamkeitsfokussierung geben zu können (Schücker & Parrington, 2019).



Achtsamkeitstraining zur Verbesserung der Wurfleistung unter Druck beim olympischen Baseball-Pitching

Lea Mülberger1, Anika Sophie Bales1, Christoph Kittler2, Fabienne Ennigkeit1, Chris Englert1

1Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Sportwissenschaften; 2Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sportwissenschaft

Spitzensportlerinnen und Spitzensportler erfahren im Laufe ihrer Karriere und besonders im Wettkampf zahlreiche Drucksituationen. Druck tritt u.a. dann auf, wenn situative Reize wie die Anwesenheit eines beurteilenden Publikums oder ein Wettbewerb mit anderen Sportlerinnen und Sportlern vorhanden sind (Baumeister & Showers, 1986). Erhöhtes Druckerleben und damit einhergehende höhere Ausprägungen der Zustandsangst können die Leistung beeinträchtigen, was als Choking under Pressure bezeichnet wird (Boutcher, 2002; Englert, 2015). Die negativen Effekte von Druck lassen sich v.a. in Präzisionssportarten aufzeigen (Otten, 2009), wie bspw. beim Pitching im Baseball. Achtsamkeitstrainings tragen zu einer verbesserten Aufmerksamkeits- und Emotionsregulation bei (Bühlmayer et al., 2017). Ziel der vorliegenden Studie ist daher die Überprüfung der Annahme, dass ein sechswöchiges Achtsamkeitstraining bei Pitchern im olympischen Baseball die Wurfleistung unter Druck positiv beeinflussen kann.

An der Studie nehmen aktuell N = 30 Pitcher aus 1. und 2. Baseball-Bundesliga teil. Die Probanden werden zufällig einer Experimentalgruppe oder einer Wartekontrollgruppe zugeordnet. Die Probanden der Experimentalgruppe bearbeiten ein sechswöchiges Achtsamkeitstraining, welches online und asynchron stattfindet. Das Training beinhaltet verschiedene Übungen wie Atemmeditationen und Körperwahrnehmungsübungen, sowie thematische Impulse zu Achtsamkeit, Wahrnehmung, Gedanken und Emotionen und Diskussionen. Unterstützend erhalten sie Zugang zur Meditationsapp Mindance (Stenzel et al., 2021). Zu drei Messzeitpunkten im Abstand von jeweils sechs Wochen (Prä-Post-Follow-up-Design) werden Achtsamkeit (CHIME; Bergomi et al., 2014), Wettkampfängstlichkeit (WAI-T; Brand et al., 2009) und Stresserleben (PSS; Schneider et al., 2020) erfasst. Zusätzlich führen die Pitcher jeweils 12 Würfe unter neutralen Bedingungen und 12 Würfe nach einer Druckinduktion aus (für dieses Vorgehen siehe Englert, 2012). Für jeden Wurf werden Wurfgenauigkeit und -geschwindigkeit gemessen. Die Wurfgeschwindigkeit wird anhand der Radar Gun Stalker Pro 2 gemessen. Die Messung der Wurfgenauigkeit erfolgt durch die Messung des Abstandes zwischen dem vorgegebenen Target und dem gefangenen Ball anhand von zwei Standbildern. Die Probanden der Kontrollgruppe erhalten nach dem dritten Messzeitpunk Zugang zum Achtsamkeitstraining und zur App.

Die finalen Ergebnisse stehen noch aus. Es wird erwartet, dass in der Experimentalgruppe zwischen der ersten und der zweiten Erhebung die Trait-Achtsamkeit steigt und die Wettkampfängstlichkeit abnimmt, wohingegen in der Kontrollgruppe keine statistisch bedeutsamen Veränderungen erwartet werden. Zusätzlich wird erwartet, dass sich in der Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe die Wurfgenauigkeit unter Druck zwischen den Messzeitpunkten verbessert.



Kniebeugen auf instabilen Unterlagen erfordern erhöhte Aufmerksamkeitsressourcen bei jüngeren und älteren Erwachsenen

Lisa Claußen, Claudia Braun

Universität Kassel, Deutschland

Aufgrund altersbedingter Veränderungen ist der Erhalt kognitiver Funktionen mit zunehmendem Alter wichtig für die alltägliche Handlungskompetenz. Hierzu kann neben Ausdauer- und Krafttraining auch kognitiv-koordinativ anforderndes Training beitragen (Netz, 2019; Tomporowski & Pesce, 2019). Die kognitiven Anforderungen motorischer Aufgaben können anhand von Leistungseinbußen in einer kognitiven Zusatzaufgabe innerhalb einer Dual-Task-Aufgabe abgeschätzt werden (Huang & Mercer, 2001). Auf diese Weise konnten Herold et al. (2020) zeigen, dass Kniebeugen Aufmerksamkeitsressourcen erfordern. Da der Einsatz von instabilen Unterlagen die koordinativen Anforderungen von Krafttraining zusätzlich erhöht (Eckardt et al., 2020), wird angenommen, dass Kniebeugen auf instabilem Untergrund größere Aufmerksamkeitsressourcen erfordern und zu größeren Leistungseinbußen in einer gleichzeitig durchgeführten kognitiven Aufgabe führen als Kniebeugen auf stabilem Untergrund. Zudem wird vermutet, dass ältere Menschen aufgrund einer reduzierten Verfügbarkeit von kognitiven Ressourcen, größere Leistungseinbußen zeigen als junge Erwachsene.

An der Untersuchung nahmen 13 junge (M = 23.5, SD = 2.7 Jahre) und 17 ältere (M = 70.2, SD = 4.3 Jahre) gesunde Erwachsene teil. Sie führten Kniebeugen mit Kurzhanteln auf stabilem und instabilem Untergrund in Einzel- (single-task, ST) und Doppeltätigkeit (dual-task, DT) durch. Eine visuell-verbale Stroop-Aufgabe wurde als kognitive Zusatzaufgabe gleichzeitig zu den Kniebeugen (DT-Bedingung) und separat zu Beginn und am Ende der Testung (ST-Bedingung) ausgeführt. Die Reaktionszeit in kongruenten (Farbe und Wort stimmen überein) und inkongruenten (Farbe und Wort stimmen nicht überein) Trials wurde erfasst und zwischen den Bedingungen mittels 3 x 2 x 2 ANOVA (Bedingung x Trial x Gruppe) verglichen. Eine Greenhouse-Geisser Korrektur wurde in Fällen der Sphärizitätsverletzung durchgeführt und Tukey’s HSD wurde für post-hoc-Vergleiche berechnet.

Die Reaktionzeit nahm von der ST- (M = 788ms) über die stabile (M =857ms) und instabile DT-Bedingung (M = 899ms) signifikant zu, εGG = 0.81, F(1.61, 45.10) = 19.64, p < .001, ηp2 = 0.41; HSD1 %, ST-DT stabil = 40.5ms; HSD1 %, ST-DT instabil = 65.5ms; HSD5 %, DT stabil-DT instabil = 41.3 ms. In inkongruenten Trials reagierten Teilnehmende signifikant langsamer als in kongruenten Trials, F(1, 28) = 78.30, p < .001, ηp2 = 0.74. Zudem gab es eine Bedingung x Trial Interaktion, mit abnehmender Reaktionszeit-Differenz zwischen kongruenten und inkongruenten Trials (Stroop-Effekt), F(2, 56) = 4.91, p = .011, ηp2 = 0.15; ST = 146ms; DTstabil = 120ms; DTinstabil = 104ms. Ingesamt zeigten ältere (M = 902ms) gegenüber jungen Erwachsenen (M = 777ms) eine langsamere Reaktionszeit, F(1, 28) = 9.97, p = .004, ηp2 = 0.26.

Die zunehmende Reaktionszeit von der ST- zur stabilen und instabilen DT-Bedingung bestätigen, dass Kniebeugen Aufmerksamkeitsressourcen erfordern und instabile Unterlagen die kognitiven Anforderungen beim Krafttraining erhöhen können. Die Abnahme des Stroop-Effekts mit zunehmender Aufgabenkomplexität deutet daraufhin, dass die Ausführung von Kniebeugen auf stabilen und instabilen Unterlagen keine höheren kognitiven Funktionen erfordert, sondern hohe Anforderungen an die perzeptuelle Informationsverarbeitung stellt (Lavie et al., 2004).



Virtuelles Training, reale Effekte: Eine Übersicht über Verbesserungen der sportlichen Leistung durch Interventionen in der virtuellen Realität

Fabio Richlan

Universität Salzburg, Österreich

Die vorliegende Arbeit enthält eine systematische Literaturübersicht über Interventions- (d.h. Trainings-) Studien, welche Virtual Reality (VR) im Sportkontext einsetzen. VR-basiertes Training ermöglicht SportlerInnen das Lernen, Üben und Einstudieren von Abläufen, die im wirklichen Leben körperlich anstrengend, gefährlich, unpraktisch oder anderweitig kostspielig (in Bezug auf menschliche, technische oder zeitliche Ressourcen) sein können. Die Arbeit bietet einen qualitativen Überblick und eine deskriptive Synthese solcher Studien, um den potenziellen Nutzen der VR-Technologie für die sportliche Leistungssteigerung zu klären und um künftige Forschung zu informieren. Unsere systematische Literaturrecherche (über Google Scholar und PubMed) und -auswertung ergab letztendlich zwölf publizierte VR-Interventionsstudien (mit Experimental-/Kontrollgruppen-Design), die sich auf verschiedene Sportarten konzentrierten, darunter Ziel- und Präzisionssportarten (Bogenschießen, Bowling, Curling, Darts, Golf), Schläger-/Racket- und Ballsportarten (Baseball, Tischtennis), Torsportarten (Fußball, Basketball), Kampfsportarten (Karate) und sportunspezifische Prozesse wie Körperempfindungen und Gleichgewicht. Die in den Primärstudien untersuchten Stichproben umfassten Anfänger, Amateursportler und Experten (Gesamtumfang der Stichprobe N = 493 Personen). Vier Studien befassten sich nur mit Anfängern, fünf mit Amateuren (einschließlich Jugendnationalspielern) und zwei nur mit Experten. Außerdem wurden in einer Studie sowohl Anfänger als auch Experten untersucht. In sieben Studien wurden sowohl Männer als auch Frauen untersucht, in vier Studien nur Männer, und eine Studie machte keine Angaben zum Geschlecht der Teilnehmer. Auch die Dauer der Interventionen variierte stark zwischen den Studien und reichte von einem Tag bis zu 32 Wochen (Median = 4 Wochen). Bei einem Drittel der Studien betrug die Interventionsdauer jedoch vier Wochen. Was den Gesamtumfang der Intervention anbelangt, so wurden in den in diese Übersicht einbezogenen Studien ein Minimum von 12 Minuten und ein Maximum von 30 Stunden (Median = 3 Stunden) beobachtet. Alle publizierten Studien fanden statistisch signifikante Effekte in relevanten motorischen und/oder kognitiven Zielfähigkeiten nach Interventionen in VR, die häufig die Trainingseffekte in passiven oder aktiven Kontrollbedingungen (z. B. unter Verwendung konventioneller Trainingsprotokolle) übertrafen. Daher haben VR-Interventionen das Potenzial, durch das Training motorischer und psychologischer Fähigkeiten und Fertigkeiten bei Sportlern reale Auswirkungen auf die Verbesserung der sportlichen Leistung zu erzielen, einschließlich der Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeiten, der strategischen und taktischen Fähigkeiten und der Entscheidungsfindung, der Reaktion auf unerwartete Ereignisse sowie der Verbesserung der psychologischen Belastbarkeit und der mentalen Leistungsfähigkeit unter Druck. Es werden die neurokognitiven Mechanismen (z. B. visuelles Suchverhalten, Vorstellungsfähigkeiten), die methodischen Aspekte (z. B. adaptive Trainingsschwierigkeiten), sowie die Übertragbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der Effekte erörtert, über die diese sportleistungsbezogenen Verbesserungen auftreten können. Aufgrund der Heterogenität der verwendeten Technologie, Trainingsprotokolle, Zielsportarten, Fertigkeiten und Kompetenzniveaus der TeilnehmerInnen ist es schwierig, systematische Muster zwischen den Studien zusammenzufassen oder zu quantifizieren. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Einschränkungen sind allgemeine Empfehlungen für oder gegen die Anwendung von VR-Interventionen in der Sportpraxis daher verfrüht. Abschließend werden Einschränkungen der inkludierten Studien sowie der vorliegenden Übersichtsarbeit und Perspektiven für zukünftige Forschung in Betracht gezogen.

 
12:45 - 14:00AK15: Soziale Aspekte des Sports
Ort: 0.208
Chair der Sitzung: Darko Jekauc, Karlsruhe Institute of Technology, Institute for Sports and Sport Science
 

Sozialer Einfluss im Sport: Mediierende und moderierende Faktoren

Edda van Meurs1, Marius Beier1, Markus Raab2,3, Stefanie Klatt2, Bernd Strauss1

1WWU Münster, Deutschland; 2DSHS Köln, Deutschland; 3London South Bank University, England

Social facilitation ist der Effekt, den andere durch ihre bloße Anwesenheit auf eine erbrachte motorische oder kognitive Leistung haben. Die bisherige Studienlage im Sport wurde zuletzt systematisch zusammengefasst, wobei festgehalten wurde, dass die Leistung bei konditionellen Aufgaben in der Anwesenheit anderer steigt, während keine Leistungssteigerung bzw. kein Leistungsabfall bei koordinativen Aufgaben zu erkennen ist (van Meurs et al., 2022). Während Studien zu social facilitation sich mit der Anwesenheit anderer ohne Interaktion mit den Teilnehmer:innen beschäftigen, wird auch der Einfluss von anfeuernden oder ausbuhenden Zuschauer:innen untersucht. Das Verhalten der Zuschauer:innen hat aber nicht immer den intendierten Effekt: Sowohl Feld- als auch Laborstudien haben widersprüchliche Ergebnisse oder Nulleffekte gezeigt. Dennoch wird angenommen, dass Einflüsse von Zuschauer:innen durch Mediatoren wie Bedrohungswahrnehmung (z.B. Lazarus & Folkman, 1984), Selbstdarstellungstendenzen (z.B. Wallace et al., 2005), emotionale Unterstützung (z.B. Hennessy et al., 2009) oder erhöhte wahrgenommene Wichtigkeit der Leistung (z.B. Strauss, 2002) entstehen und zu Leistungsdruck und somit Verbesserungen oder Verschlechterungen führen (vgl. Strauss et al., 2023). Der Leistungsdruck wird potenziell durch die Art und das Verhalten des Publikums, der Akteur:innen, der Art der motorischen Aufgabe und der spezifischen Fähigkeit moderiert (z.B. Epting et al., 2011).

Im vorliegenden systematischen Review wird versucht, die vorhandenen Studien zu den Auswirkungen aktiver Zuschauer:innen auf motorische Leistungen zu erfassen, um mediierende und moderierende Faktoren bei motorischen Leistungen zu definieren und Forschungslücken aufzuzeigen. Im ersten Schritt wurden 11.015 Einträge in elf wissenschaftlichen Datenbanken (Scopus, PsycINFO, PsycArticles, Sport Discus, Web of Science, ProQuest Dissertations, OvidSP, PsyArXiv, OSF Preprints, SportRxiv, Theses Commons) gefunden. Zum Zeitpunkt der Einreichung werden nach einem Titel- und Abstract-Screening 97 Studien auf ihre Eignung geprüft. Die ausgewählten Studien werden zusammengefasst und die von ihnen vorgeschlagenen Mediatoren und Moderatoren in ein überprüfbares Modell integriert. Das Modell kann zukünftige sozialpsychologische Studien zum Einfluss von Zuschauer:innen leiten und könnte z.B. Erklärungen für die uneindeutigen Ergebnisse der Studien zum Heimvorteil liefern.



Leistungsunterschiede von Elite-Skispringern: Team- vs. Einzelwettkampf moderiert den Einfluss von Motivausprägungen

Florian Müller, Stephan Hocke, Rouwen Cañal-Bruland

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Interindividuelle Unterschiede im Leistungs-, Bindungs- oder Machtmotiv beeinflussen, welche Arten von Anreizen Personen als Verstärker erleben (z.B. McClelland, Koestner & Weinberger, 1989). Ein Großteil bisheriger Forschung zum Einfluss von Motivunterschieden auf motorische Leistung behandelt die Rolle des Leistungsmotivs in Laborsettings (Müller & Cañal-Bruland, 2020). Im Gegensatz dazu haben nur wenige Studien den Einfluss des Macht- oder Bindungsmotivs untersucht oder ökologisch valide Feldsettings eingesetzt.
Die aktuelle quasiexperimentelle Studie füllt diese Lücke, indem der Einfluss der Motive – insbesondere des Bindungs- und Machtmotivs – von Skispringern auf deren Leistung im Einzel- und Teamwettkampf untersucht wird. Dazu wurden von insgesamt 19 deutschsprachigen männlichen Skispringern die Motive Leistung, Bindung und Macht sowohl über das Multi-Motiv-Gitter als auch die Unified Motive Scales erfasst. Die Leistung im Skisprung wurde durch die Nutzung von Archivdaten operationalisiert. Aufbauend auf bisherigen Befunden (siehe Müller & Cañal-Bruland, 2020) wurde davon ausgegangen, dass die Leistung im Einzelwettkampf durch das Machtmotiv (Wettkampf als Machtmotivanreiz) und die Leistung im Teamwettkampf durch das Bindungsmotiv (Teamleistung als Bindungsmotivanreiz) beeinflusst werden.
Eine hierarchische lineare Modellierung des Einflusses der Motive auf die Wettkampfleistung in Abhängigkeit des Wettkampfformats (Einzel vs. Team) zeigte, dass vor allem der Einfluss des Bindungsmotivs auf die Leistung durch das Wettkampfformat moderiert wurde, p = .015: Während ein starkes Bindungsmotiv der Leistung im Einzel abträglich war (Mangel an Bindungsmotivanreiz), verschwand dieser Effekt in der Teambedingung.
Die Implikationen dieses Befundes für die Motivforschung einerseits und für mögliche Strategien in der Teamzusammensetzung andererseits werden diskutiert.



Wie wird eine Leistungskrise in Sportmannschaften ausgelöst? – Die Rolle von Erwartungen, Attribution und Konsequenzen

Stephanie Bünemann1, Charlotte Raue-Behlau1, Katherine Tamminen2, Bernd Strauss1

1Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland; 2University of Toronto

In der Saison 2020/2021 verlor der FC Schalke 04 ein Spiel nach dem anderen und stieg letztendlich aus der 1. Bundesliga in die 2. Bundesliga ab – ein Beispiel für eine sportliche Leistungskrise. Eine Krise im Team ist definiert als anhaltend unzureichende Leistung, begleitet von Bedrohlichkeitsbewertungen der Mannschaftsmitglieder, sowie deren Unfähigkeit diese Bedrohung zu bewältigen, was wiederum zu geringer Teamfunktion führt (adaptierte Definition nach Billings et al., 1980; Pearson & Clair, 1998). Ziel dieser Studien ist es Faktoren zu überprüfen, die eine Krise begünstigen. Hohe Erwartungen ein Spiel zu gewinnen, hohe Konsequenzen eines verlorenen Spiels und unkontrollierbare Attributionen könnten eine Krise auslösen, indem sie eine Bewertung als bedrohlich induzieren (Sweeny, 2008). Um diese Faktoren zu überprüfen, wurde eine Onlinestudie durchgeführt, in der sich Athlet:innen in Situationen hineinversetzen und Bedrohlichkeitseinschätzungen abgeben sollten. In einer Folgestudie werden aktuell Athlet:innen an tatsächlichen Wettkampftagen befragt.

Für Studie 1 haben 396 Mannschaftssportler:innen (MAlter=27.9, SDAlter=8.1, 178 weiblich) Fallvignetten gelesen, in denen Erwartungen, Konsequenzen und Attribution manipuliert wurden. Daraufhin füllten sie einen Fragebogen zur Bedrohlichkeit, Emotionen und Teamfaktoren aus. Bedrohlichkeitseinschätzungen wurden mit einer ins Deutsche übersetzten und auf Teams angepassten Version der Challenge and Threat in Sports Scale (Rossato et al., 2018) und Emotionen über den deutschen Sport Emotion Questionnaire (Wetzel, Weigelt & Klingsieck, 2020) erhoben. In einer 2×2×2-faktoriellen ANOVA zeigten sich keine signifikanten Haupt- oder Interaktionseffekte. Explorative Analysen ergaben, dass Athlet:innen, denen eine unkontrollierbare Situation beschrieben wurde, zukünftige Spiele ebenfalls als unkontrollierbarer einschätzten (t(385.47)=1.98, p<.05), jedoch mit einem kleinen Effekt, d=.2. Aufgabenbezogene Kohäsion (r(394)=-.17, p<.05; r(394)=-.12, p<.05) und kollektive Selbstwirksamkeit (r(394)=-.22 p<.01) hingen negativ mit Bedrohlichkeitseinschätzungen zusammen.

Bei Studie 2 haben bisher 163 Athlet:innen aus 27 Teams teilgenommen (Stand: 27.01.2023). Sie wurden vor und nach ihrem Wettkampf zu Erwartungen, Konsequenzen und Attributionen, sowie zu der Einschätzung der Bedrohlichkeit des (nächsten) Wettkampfs befragt. Erste deskriptive Analysen zeigen niedrige Bedrohlichkeitswerte (Mvor_Wettkampf=2.28 bzw. Mnach_Wettkampf =2.16). Allerdings hat der Großteil der befragten Mannschaften ihr Spiel an diesem Tag gewonnen (ngewonnen=90; nverloren=46; nunentschieden=27).

Niedrige Bedrohlichkeitseinschätzungen der Vignettenstudie in Studie 1 könnten zu den nicht-signifikanten Ergebnissen geführt haben. In weiteren Analysen zu Studie 2 sollten schlecht gelaufene Spiele im Vergleich zu gut gelaufenen Spielen betrachtet werden, um Schlussfolgerungen zur Entstehung von Krisen zu ziehen. Insgesamt befindet sich Krisenforschung in den Kinderschuhen, weshalb diese Studie als erste Schritte verstanden werden können. In weiteren Studien ist vor allem der zeitliche Verlauf und die Entwicklung von Teamprozessen zu betrachten.



Eine Grounded Theory zur Entstehung kollektiver Krisen im professionellen Fußball aus der Sicht der Fußballspieler

Darko Jekauc1, Nicola Böhlke2, Vanessa Wergin3, Damir Vrancic2, Julian Fritsch1

1Karlsruher Institut für Technologie; 2Technische Universität Braunschweig; 3University of Queensland

Sportliche Krisen im Profifußball, die sich auf ein unerwartet schwaches Abschneiden einer Mannschaft in einer Saison beziehen, betreffen jede Saison mehrere Mannschaften und sind mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für den Verein (z.B. durch Abstieg) verbunden (Leister, 2018). Dabei haben unerklärliche Leistungsschwankungen oder -einbrüche von Fußballmannschaften über einen längeren Zeitraum (z. B. über mehrere Matches) auch eine psychologische Seite. Insgesamt ist jedoch relativ wenig darüber bekannt, wie sie entstehen und welche Umstände sie bedingen.

Ziel der vorliegenden Studie ist es, aus sportpsychologischer Sicht Erkenntnisse über die Entstehung und den Verlauf von Sportkrisen im Fußball zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurde eine qualitative Studie mit drei ehemaligen und sechs aktuellen männlichen Profifußballern mit einem Durchschnittsalter von 32,6 Jahren (SD = 5.2 Jahre) durchgeführt, die in diversen europäischen Erstligen spielten. Die Datenerhebung basierte auf halbstandardisierten problemzentrierten Interviews. Zur Analyse der Daten wurde die Methode der Reflexive Grounded Theory (Breuer, Muckel, & Dieris, 2017) verwendet.

Die vorläufigen Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass der Ausgangspunkt vieler Krisen oft das Nichterreichen von vorherigen hohen Erwartungen der Teams/an das Team ist, wobei sich die Auswirkungen auf Spieler- und Mannschaftsebene manifestieren und begünstigende Faktoren sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mannschaft auftreten können. So kommt es auf individueller Ebene zu Angst, Anspannung, Angespanntheit, negativer Körpersprache, Grübeln und vermindertem Selbstvertrauen. Auf der Teamebene verschlechtern sich die Stimmung, es kommt zu Gruppenbildung und Ressentiments und es entstehen Konflikte, die zu dysfunktionaler Kommunikation und mangelndem Zusammenhalt führen. Externer Druck, der sowohl die Spieler als auch den Trainer betrifft, wirkt als begünstigender Faktor für die Entwicklung von Krisen. Das kollektive Handeln in einem Fußballspiel entwickelt sich zu einer eher defensiven Haltung sowie dem Bestreben zur Vermeidung von Fehlern und Verantwortung, was sich in einer verminderten Leistung der Mannschaft äußert. Der Leistungsabfall führt in der Regel zu schlechteren Spielergebnissen, die den Prozess der Krise weiter aufrechterhalten und sogar verstärken. Darüber hinaus beeinflussen auch soziale Bedingungen wie die Medienlandschaft, einmalige Ereignisse (z.B. die Corona-Krise), Vereinsstrukturen oder Fans sowie individuelle Bedingungen wie Krisenerfahrungen, Resilienz der Spieler, familiärer Zusammenhalt oder Unterstützung durch Freunde die Entwicklung der Krise. Insgesamt werden diese Prozesse im Modell durch eine Abwärtsspirale dargestellt, die einen kreisläufigen Prozess verdeutlicht, in dem psychologische Konzepte (wie Druck, etc.) in ihrer Negativwirkung auf das emotionale Befinden der Mannschaft ineinandergreifen. Die Ergebnisse dieser Studie geben Hinweise darauf, welche psychologischen Prozesse an der Entstehung und Entwicklung von sportlichen Krisen aus der Perspektive von Profifußballern beteiligt sind.



Differences between Parent Spectator Observations and Self-Reported Behaviors in US Youth Soccer

Charlotte Mohn, Jerry F. Reynolds, Matt Moore, Nii Nortey

Ball State University, Muncie, IN, United States

Youth sports has been recognized to be impacted by parent spectator behaviors (US Dept of Health and Human Services, 2019). Social exchange theory can be used to explain parent spectator behavior. For example, appropriate parent engagement provides encouragement and realistic expectations for children (Dorsch et al., 2009; Dorsch et al., 2021). However, these potential benefits of parental engagement on youth sport participation have been questioned due to violent spectator behaviors (Docheff & Conn, 2004; Fields et al., 2010; Fiore, 2003), and have been linked to the decreasing numbers of youth sport participation in the United States (Aspen Institute, 2015, 2019). It has been criticized that these disruptions in youth sport participation may create environments that are counterproductive for positive experiences of athletes, coaches, referees, and other spectators (Jeanfreau et al., 2020). Past research has focused on parents’ spectator behavior through the lens of background anger, interactions between two spectators leading to the distress of youth players (Omli & LaVoi, 2009), and found discrepancies between self-reported behaviors and observed behaviors in youth sports (Reynolds, 2020). However, no previous research was conducted looking at differences in frequencies of sideline actions of spectator behaviors (self-reported vs. observed) by competition levels. Thus, this pilot study examined data of 114 parent spectators from youth soccer players from a midwestern state in the United States to address this concern. Omli & LaVoi’s (2009) framework for spectator behavior was used to assess the frequency of self-reported and observed parent sideline actions. Descriptive data was used to compare average frequencies between different sideline actions of self-reported and observed behaviors (e.g., yelling at the referee in a demeaning manner either self or another spectator). Further, an independent t-test was used to examine differences in competition levels of these frequencies in sideline actions between observed and self-reported behaviors. Results showed differences between sideline actions of observed and self-reported behaviors. For example, the sideline action of coaching from the sidelines (not as a coach) had a mean of 3.56 (SD = 1.07) for observed behavior whereas the mean of the same sideline action for self-reported behavior was 2.11 (SD = 1.14). These differences were further found between competition levels (i.e., recreational vs. travel), t(94.57) = 7.38, p < .001. The total mean comprising all sideline actions was higher in the more competitive setting (i.e., travel) with a mean of 2.43 (SD = .27) compared to the less competitive setting (i.e., recreational) with 1.62 (SD = .35). These results support previous concerns regarding the influence of parent engagement on youth sport experiences and can be used to identify organizational strategies and practices that guide parent engagement. Directions for future research will be provided.