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Sitzungsübersicht
Sitzung
AK11: Forschung zur Generierung und Funktion von positiven Emotionen im Sport
Zeit:
Freitag, 19.05.2023:
12:45 - 14:00

Chair der Sitzung: Franzi Lautenbach, Humboldt-Universität zu Berlin
Ort: V 7.02

401 Plätze

Präsentationen

Forschung zur Generierung und Funktion von positiven Emotionen im Sport

Chair(s): Franzi Lautenbach (Humboldt-Universität zu Berlin)

Positive Emotionen sind im Sport allgegenwärtig und dennoch stehen sie zu selten im Fokus der sportpsychologischen Forschung (Lautenbach, 2018). Vor diesem Hintergrund ist es Ziel des Arbeitskreises positive Emotionen in den Mittelpunkt des sportlichen Handelns zu rücken. Hierbei sollen aktuelle Forschungsergebnisse über die Generierung und Funktionen von positiven Emotionen im Sport vorgestellt werden.

Zu Beginn des Symposiums wird eine kurze Einführung über positive Emotionen gegeben. Dabei werden die Problematik hinsichtlich geeigneter Definitionen, die Abgrenzung verschiedener positiver Emotionen voneinander, die Entstehung und die Funktionen von positiven Emotionen theoretisch dargestellt. Als erster Vortragende wird Sylvain Laborde darauf eingehen, ob positive Emotionen durch Atmungstechniken entwickelt werden können. Pia Zajonz wird im zweiten Vortrag die Möglichkeiten von positiven Emotionen für die psychophysiologische Regeneration von Athleten*innen nach psychosozialen, physiologischen und wettkampfbezogenen Stressoren anhand von drei Pilotstudien berichten. Simon Knöbel wird anschließend eine Studie durchgeführt mit Fußballerinnen vorstellen, in der er den Einfluss von fußballspezifischen positiven Emotionen auf exekutive Funktionen (Inhibition, kognitive Flexibilität) experimentell erforscht hat. Der letzte Vortrag wird von Sascha Leisterer gehalten, der die Funktion der positiven Emotion Stolz in Bezug auf das Trainingsverhalten unter Berücksichtigung von impliziten Motiven und den Motivkomponenten Hoffnung versus Furcht untersucht hat.

Zum Abschluss des Symposiums werden die Beiträge zusammengefasst und eingeordnet, um am Ende gemeinsam mit dem Plenum über die Rolle von positiven Emotionen im Sport zu diskutieren.

 

Beiträge des Arbeitskreises

 

Einfluss der langsamen kontrollierten Atmung auf die emotionale Valenz und Intensität

Sylvain Labode, Maša Iskra, Nina Zammit
DSHS Köln

Langsames kontrolliertes Atmen ist eine Technik, die zur Herunterregulierung physiologischer Aktivierung eingesetzt wird. Die Auswirkungen einer kurzen langsamen Atmung auf die wahrgenommene emotionale Valenz und Intensität sind jedoch noch nicht eindeutig. Ziel dieser Studie war es daher, die Auswirkungen einer kurzen langsamen Atemübung auf psychophysiologische Variablen zu untersuchen, die mit der Emotionsregulation zusammenhängen, nämlich die vagale Herzaktivität, sowie die wahrgenommene Stressintensität, die emotionale Intensität und die emotionale Valenz. Insgesamt 72 Probanden absolvierten eine 5-minütige langsame kontrollierte Atemübung und eine Kontrollbedingung mit einer 5-minütigen Ruhemessung. Die vagale Herzaktivität wurde anhand der mittleren quadratischen Wurzel aus aufeinanderfolgenden Differenzen (RMSSD) gemessen. Die Versuchspersonen bewerteten zudem ihre wahrgenommene Stressintensität, emotionale Intensität und emotionale Valenz. Die Ergebnisse zeigten, dass der RMSSD während der langsamen kontrollierten Atmung im Vergleich zur Kontrollbedingung höher war, t(71) = 11.664, d = 0.61. Entgegen unserer Hypothese, stiegen die wahrgenommene Stressintensität und die emotionale Intensität nach langsamer kontrollierter Atmung an, und die wahrgenommene emotionale Valenz war nach der Atemübung weniger positiv. Dies könnte durch das Erleben von Dyspnoe (d.h. Atembeschwerden) und die Notwendigkeit, sich an die langsame kontrollierte Atmung zu gewöhnen, erklärt werden. Außerdem korrelierte der RMSSD nicht mit der Messung der emotionalen Valenz und der wahrgenommenen emotionalen Intensität, sondern war negativ mit dem wahrgenommenen Stress für die Kontrollbedingung (r = -.27, p = .029) korreliert (keine Korrelation für die Experimentalbedingung). Daraus können wir schließen, dass die physiologischen Vorteile der langsamen kontrollierte Atmung zwar unmittelbar eintreten, dass aber möglicherweise ein Training erforderlich ist, um die psychologischen Vorteile wahrzunehmen.

 

Die Undoing-Hypothese im Leistungssport – drei Pilotstudien zur Überprüfung der Effekte positiver Emotionen auf die psychophysiologische Regeneration

Pia Zajonz, Franzi Lautenbach
Humboldt-Universität zu Berlin

In der Undoing-Hypothese wird beschrieben, dass das Erleben positiver Emotionen zu einer schnelleren Erholung psychophysiologischer Stressreaktionen beiträgt und somit positiver Emotionen kurz- und langfristig vorteilhaft für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind (Fredrickson, 2000). Eine zügige Regeneration nach einem Wettkampf oder intensivem Training erscheint insbesondere für Athleten*innen erstrebenswert, da diese sich zum einen positiv auf die sportliche Leistungsfähig auswirken kann, und zum anderen die körperliche und mentale Gesundheit beeinflusst (Brown & Fletcher, 2017; Kellmann & Beckmann, 2018). Der aktuelle Forschungsstand zeichnet allerdings ein uneindeutiges Bild bezüglich der Undoing-Hypothese (Behnke et al., 2022; Cavangh & Larkin, 2018). Zudem sind die dargestellten Pilotstudien die ersten, welche die Effekte positiver Emotionen auf die psychophysiologische Regeneration im Sportkontext überprüfen und deren Potential für Athleten*innen beleuchten.

In drei Pilotstudien mit Prä-Post-Test-Design wurden nach einem psychosozialen Stressor (Studie 1, Innersubjektdesign, N = 19), nach einem physiologischen Stressor (Studie 2, Zwischensubjektdesign, N = 14) und nach einem simulierten Wettkampf (Studie 3, Zwischensubjektdesign, N = 13; Gebhardt et al., 2020) positive Emotionen (Interventionsgruppe) bzw. neutrale Emotionen (Kontrollgruppe) induziert. Ihre Auswirkung auf die psychophysiologische Regeneration wurde hinsichtlich kardiovaskulärer Parameter (Blutdruck, Puls, Herzratenvariabilität) sowie dem subjektiven Zustand (wahrgenommene Emotionen, Erregung, Valenz) der Athleten*innen verglichen.

Die Ergebnisse bestätigen die Undoing-Hypothese nach dem psychosozialen Stressor (Studie 1). Hier konnte ein größerer Anstieg in positiven Emotionen und ein langanhaltender Rückgang des diastolischen Blutdrucks in der Interventionsgruppe verglichen zur Kontrollgruppe festgestellt werden. Trotz fehlender Signifikanz weisen deskriptive Ergebnisse aller Studien in die Richtung der Undoing-Hypothese. Im Rahmen der Präsentation soll über mögliche Wirkmechanismen und Potential für weiterführende Forschung, insbesondere in Hinblick auf die sportliche Leistung, diskutiert werden.

 

Diagnostik exekutiver Funktionen unter fußballspezifischen positiven Emotionen

Simon Knöbel1, Marie-Luise Herrmann2, Christoph Jahn3, Franzi Lautenbach4
1Humboldt-Universität zu Berlin; Universität Leipzig, 2Umbrella Software GmbH, 3RB Leipzig, 4Humboldt-Universität zu Berlin

Aufgrund einer komplexen Leistungsstruktur wird das Abrufen und Erreichen von Spitzenleistungen im Fußball von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die im Rahmen der Talententwicklung und -bewertung berücksichtigt werden müssen (Sarmento et al., 2018). Daraus ergibt sich für Praktizierende und Forschende die Herausforderung, ein möglichst breites Spektrum an Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen und deren Wechselwirkungen zu untersuchen, um potenzielle Talentprädiktoren zu identifizieren (Lautenbach et al., 2022; Murr et al., 2018). Von zunehmendem Interesse sind in diesem Zusammenhang exekutive Funktionen (EFs: Inhibition, kognitive Flexibilität und Arbeitsgedächtnis), die als entscheidend für effektives und zielgerichtetes Handeln gelten (Diamond, 2013). Die Erfassung von EFs könnten somit potenziell eine zusätzliche, objektive Messung des Leistungs- und Entwicklungspotenzials von talentierten Fußballspielern:innen darstellen (Sakamoto et al., 2018). Aufgrund der unzureichenden prädiktiven Aussagekraft isolierter Faktoren bleiben jedoch viele praxisrelevante Fragen unbeantwortet. Vorhandene sportartspezifische Evidenz deutet auf eine hohe Varianz in der Ausprägung von EFs sowohl bei Sportlern:innen mit unterschiedlichen Erfahrungs- und Leistungsniveaus (Huijgen et al., 2015) als auch mit ähnlichem Niveau (Beavan et al., 2020) hin. Um diese Leistungsunterschiede nachvollziehen zu können und Rückschlüsse auf die Leistung auf dem Spielfeld zu ermöglichen, müssen zusätzliche leistungsbezogene Faktoren berücksichtigt und EFs unter wettkampfnahen Bedingungen diagnostiziert werden (Lautenbach et al., 2016). Im Hinblick auf die psychischen Anforderungen eines Fußballspiels können neben dem Stress, der durch den hohen Druck einer Wettkampfsituation entsteht, auch positive Emotionen (z.B. Freude) durch Erfolgserlebnisse oder gemeisterte Situationen auftreten und kognitive Prozesse beeinflussen (Vast et al., 2010). Dementsprechend wurden in der durchgeführten Studie EFs mit dem SoccerBot360 (kreisförmiges Trainingsgerät mit bespielbaren Wänden, die als Fläche für Videoprojektionen genutzt werden können; Lautenbach, Musculus et al., 2022) gemessen und unter einer experimentellen Manipulation positiver Emotionen in einem Zwischensubjektdesign mit 53 Leistungsfußballspielerinnen (MAlter = 16.26) untersucht. Dabei erhielt die Interventionsgruppe eine Induktion positiver Emotionen durch die erfolgreiche Bewältigung einer Aufgabe (Siedlecka & Denson, 2019) mit grundlegenden fußballspezifischen Elementen (modifiziert nach Hoff et al., 2006) und positive Leistungsrückmeldungen (Sansone, 1989). Zusätzlich wurden die Daten durch die Messung psychophysiologischer Korrelate (German Sport Emotion Questionnaire, Wetzel et al., 2020; Cortisol, HRV) ergänzt, um ein tieferes Verständnis der psychophysiologischen Prozesse zu erlangen, die mit kognitiven Leistungen und dem Erleben von Emotionen im Fußball verbunden sind. Die Datenanalyse ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht vollständig abgeschlossen, sodass die Ergebnisse und praktische Implikationen auf der Konferenz vorgestellt werden.

 

Wenn das Ziel fehlt: Potentiale von Stolz als psychische Ressource im Sport

Sascha Leisterer, Enno Winkler
Universität Leipzig

Während der Covid-19 Pandemie kämpften viele Sportler:innen mit ihrer Motivation, weiter zu trainieren, weil ihnen Ziele, wie zum Beispiel Wettkämpfe, fehlten (Lautenbach et al., 2021). Ohne eine explizite Zielmotivation kann die Emotion Stolz als psychische Ressource für eine kontinuierliche Motivation angesehen werden (Carver et al., 20020). Stolz ist das Erleben eines positiven Affekts in Bezug zu einem (sportlichen) Erfolg, der auf das eigene Handeln oder das Selbst bezogen wird. Beispielsweise zeigen Studienergebnisse, dass bei Sportler:innen, die Stolz erleben, die Trainingsperformanz vorhergesagt werden kann (Gilchrist et al., 2018). Offen ist hierbei noch, inwiefern das Erleben von Stolz mit individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und dem Trainingsverhalten zusammenhängen. Die vorliegende Studie analysiert prädiktive Zusammenhänge zwischen dem Erleben von Stolz mit dem Trainingsverhalten unter Beachtung von impliziten Motiven und den Motivkomponenten Hoffnung versus Furcht. Hierfür wird in einer aktuell laufenden Befragungsstudie über zehn Tage mit voraussichtlich N = 13 Freizeitsportler:innen (Stichprobenbeschreibung erfolgt nach Abschluss der Datenerhebung) das Stolzerleben mittels Pride Scale (Tracy & Robins, 2007), die Trainingsparameter Häufigkeit (in Trainings pro zehn Tage), Intensität (Session Rate of Perceived Exhaustion pro zehn Tage; Foster, 1998) und Dauer (in Minuten pro zehn Tage) der betriebenen Sportart, die implizite Motivorientierung mittels Picture Story Exercise (Schultheiss et al., 2008) und die Motivkomponenten mittels Multi-Motiv-Gitter (Schmalt et al., 2000) erfasst. Die Datenauswertung umfasst Korrelations- und Regressionsanalysen. Ergebnisse können zur Haupttagung präsentiert werden, da die Datenerhebung über das Ende der Frist zur Einreichung des Abstracts hinaus andauert. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund diskutiert, Stolzerleben als Determinante für das Trainingsverhalten und insbesondere als emotionale Ressource erörtert. Auf Grund der Analyse von Zusammenhängen wird eine Aussage zu Wirkeffekten der Prädiktionen nur bedingt möglich sein, weshalb zukünftige Interventionsansätze diskutiert werden.