Veranstaltungsprogramm
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Sitzungsübersicht | |
Ort: V 7.31 70 Plätze |
Datum: Donnerstag, 18.05.2023 | |
15:15 - 16:45 | AK05: Aktuelle Debatten zur Wirksamkeit von Interventionen zu Leistung unter Stress Ort: V 7.31 Chair der Sitzung: Laura Voigt, Deutsche Sporthochschule Köln |
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Aktuelle Debatten zur Wirksamkeit von Interventionen zu Leistung unter Stress Die Fähigkeit, trotz Stress zielgerichtetes Verhalten aufrechtzuerhalten, ist entscheidend für den Erfolg in verschiedenen Leistungssituationen, von sportlichen Wettkämpfen bis hin zu Notfallsituationen (Nieuwenhuys & Oudejans, 2017). Dennoch weisen zahlreiche Studien auf Leistungseinbrüche in perzeptuell-motorischen Aufgaben unter Stress hin (Nieuwenhuys & Oudejans, 2017). Als Erklärungsansätze für diese Leistungseinbrüche dienen in der Literatur zwei grundlegende Modelle, denen beide ein Aufmerksamkeitsmechanismus zugrunde liegt: Ablenkung (z.B. Eysenck et al., 2006) und Selbstfokus (z.B. Masters, 1992). In den Ablenkungsmodellen wird angenommen, dass aufgabenirrelevante Reize die Kapazität des Arbeitsgedächtnis beeinträchtigen. Die beeinträchtigte Effizienz kann aber durch gesteigerte Anstrengung kompensiert werden. In den Selbstfokusmodellen interferieren die bewusste Beobachtung bzw. Ausführung von Bewegungen mit der ansonsten automatischen Ausführung von Bewegungen. Auf der Grundlage dieser Modelle wurden verschiedene Interventionen zur Stabilisierung und Verbesserung der Leistung unter Stress entwickelt und getestet. Ziel des Symposiums ist es, aktuelle Forschung zu den (sport-)psychologischen Interventionsansätze und ihren Limitationen aus den verschiedenen theoretischen Strömungen zu erörtern. Konkret werden Grove und KollegInnen im ersten Beitrag eine systematische Literaturübersicht über proaktive und reaktive Interventionen zu reinvestmentbedingten Leistungseinbrüchen geben. Im zweiten Beitrag werden Voigt und Kollegen eine Interventionsstudie zur Wirksamkeit von Training unter Stress im Polizeidienst aus Sicht des Ablenkungsmodells vorstellen. Abschließend werden Frenkel und Kolleginnen mit dem Acceptance-and-Commitment-Therapy-Ansatz (Hayes et al., 1999) eine alternative Sichtweise zur Leistungserbringung unter Stress einführen und die statische Apnoe-Aufgabe als ein Paradigma einführen, das zur achtsamkeitsbasierten Vorbereitung zur Leistungserbringung in extremen Umwelten genutzt werden kann. Ausgehend von den empirischen Befunden werden im Symposium gemeinsame Merkmale und angenommenen Funktionen der Interventionen, Implikationen für die praktische Umsetzung der Interventionen und Wege für zukünftige Forschung diskutiert. Beiträge des Arbeitskreises Proaktiv oder reaktiv handeln? – eine systematische Übersichtsarbeit über Interventionen zu reinvestmentbedingten Leistungseinbrüchen im Sport Reinvestment ist ein psychologisches Phänomen, bei dem Personen bewusst ihre Bewegungen mithilfe ihres expliziten Wissens oder ihren Entscheidungsfindungsprozess überwachen und kontrollieren sowie über zuvor nicht optimal getroffene Entscheidungen ruminieren (Kinrade et al., 2010; Masters & Maxwell, 2004). Durch diese Störung des automatisierten Ablaufes kann die Leistung im Sport insbesondere unter Stress signifikant einbrechen (Kinrade et al., 2015; Masters & Maxwell, 2008). Da das Ziel von Sportler:innen im Leistungssport ist, trotz Stressoren eine optimale Leistung zu erzielen (Theodosiou et al., 2018), sollten leistungsmindernde Auswirkungen von Phänomenen wie Reinvestment begrenzt werden. Um dieses zu erreichen, wurden Interventionen entwickelt, die darauf abzielen, den Einfluss von Reinvestment auf die Leistung zu minimieren (z.B. Jackson et al., 2006; Uiga et al., 2020). Im Hinblick auf die Frage, welche Interventionen hilfreich sind, um Reinvestment zu managen und die sportliche Leistung zu erhalten und/oder zu verbessern, ist es notwendig solche Ansätze systematisch zu identifizieren und einzuordnen. Dieses Wissen könnte vielen Sportler:innen helfen, ihre Leistungsverminderungen in Wettkämpfen effektiv entgegenzuwirken und eine stabilere Leistung zu erzielen. In Anlehnung an die PRISMA 2020 Richtlinien wurden Interventionen im Zusammenhang mit Reinvestment durch elektronische Datenbanken, das Durchsuchen von Referenzlisten und die Verwendung der Netzwerkzitationsfunktion von ResearchRabbit identifiziert. Studien wurden inkludiert, die eine der Reinvestmentskalen verwendeten und auf eine Manipulation einer Handlung oder eines Prozesses der individuellen Kognition und/oder des Verhaltens (z. B. Aufmerksamkeitsfokussierungsstrategien) oder einer Lernstrategie (z. B. implizit) oder beides abzielen, um so die Funktionsweise zu verändern und/oder die Leistung in einer bestimmten sportbezogenen Aufgabe zu erhalten oder zu verbessern. In dieser systematischen Übersichtsarbeit wurden N = 14 Studien eingeschlossen, von denen vier Studien proaktive (d.h. Einsatz vor der Leistungserbringung) Interventionsmaßnahmen in Form von Lernstrategien und eine Studie in Form einer „Reframing“-Strategie angewandt haben. Reaktive Interventionsmaßnahmen (d.h. Einsatz während der Leistungserbringung) haben acht Studien in Form von Aufmerksamkeitsfokusstrategien und eine Studie in Form einer Ablenkungsstrategie durchgeführt. Die heterogenen Ergebnisse in Bezug auf eine positive Entwicklung der Leistungsparameter (z.B. Zeit, Genauigkeit) durch die Interventionsmaßnahmen zeigen, die Dringlichkeit einer einheitlichen Vorgehensweise insbesondere hinsichtlich des Studiendesigns, den Messzeitpunkten von Reinvestment, der Aufgabenvariabilität und der angewandten statistischen Auswertung, um eindeutiger effektive Interventionsmaßnahmen herausfiltern zu können. Implikationen für die Entwicklung und Durchführung solcher Interventionsmaßnahmen werden abgeleitet, um so eine bessere Vergleichbarkeit sowie Effektivität zukünftiger Studien zu erreichen und reinvestmentbedingten Leistungseinbrüchen entgegenwirken zu können. Leistungsverbesserungen durch Training unter Stress: Allgemeine oder situationsspezifische Effekte? Trainingsprinzipien wie "Practice as you play" oder "Train as you fight" zeigen, dass in Bereichen wie dem Sport, Feuerwehr, Medizin und Polizei die Auffassung vorherrscht, dass das Training möglichst genau die Gegebenheiten des stressreichen „Einsatzes“ widerspiegeln sollte. Tatsächlich legen Ergebnisse aus diesen Bereichen nahe, dass das Training von perzeptuell-motorischen Fertigkeiten unter simulierten Stressoren Leistungseinbrüchen unter Stress entgegenwirken kann (Low et al., 2021). Im Einklang mit Theorien zur Verarbeitungseffizienz (Eysenck et al., 2007; Nieuwenhuys & Oudejans, 2017) bleiben trotz der Leistungsverbesserungen der wahrgenommene Stress und die mentale Anstrengung in den Stresssituationen nach dem Training unverändert (z.B. Nieuwenhuys & Oudejans, 2011). Bislang wurde die Wirksamkeit des Trainings unter Stress untersucht, indem die Fertigkeiten unter denselben Stressoren getestet wurden, die auch während dem Training eingesetzt wurden. Aus theoretischer Sicht ist daher unklar, ob die Leistungssteigerungen nach dem Training eine allgemeine oder situationsspezifische Fertigkeit zur Leistung unter Stress darstellen. Wenn das Training unter Stress eine allgemeine Fertigkeit zum Umgang mit Stress trainiert, dann sollte das Training einer Fertigkeit unter bestimmten Stressoren auch den Abruf dieser oder anderer Fertigkeiten unter anderen Stressoren verbessern (Giessing, 2021; Kegelaers & Oudejans, 2021). In der vorliegenden Studie testeten wir die Effekte eines Trainings unter Stress auf die Leistung von 84 Polizeikräften (18 Frauen) in kritischen Einsatzszenarien, die sich in ihrer Hintergrundgeschichte, den damit verbundenen Stressoren und den getesteten Fertigkeiten von denen des Trainings unterschieden. Die Studienteilnehmer:innen wurden aus drei Studiengruppen im dritten Semester und aus einer Stichprobe von aktiven Polizeivollzugsbeamt:innen rekrutiert. Im Training erlernten die Polizeikräfte motorische Abwehrtechniken eines Messerangriffes in verschiedenen Übungen ohne (Kontrollgruppe, n = 33) oder mit Stressoren (z.B. Unkontrollierbarkeit, Zeitdruck, aversive Stimuli und soziale Evaluation; Experimentalgruppe, n = 51). Die Zuordnung zu den Gruppen erfolgte randomisiert für die Polizeivollzugsbeamt:innen und klassenweise für die Polizeistudierende. Die Einsatzszenarien erforderten Techniken zur Messerabwehr (vor und nach dem Training) und zum Umgang mit passivem Widerstand (nach dem Training). Die Leistung wurde mit Hilfe von Videoanalysen von drei unabhängigen Polizeitrainern anhand verschiedener Kriterien (z.B. Distanzverhalten, körperliche Abwehr, Situationskontrolle, Einsatz von Zwangsmitteln) bewertet. Wie erwartet blieben der wahrgenommene Stress und mentale Anstrengung in den Messerszenarien vor und nach dem Training gleich. Allerdings verbesserte sich sowohl die Experimental- und Kontrollgruppe signifikant in allen Leistungsparametern nach dem Training (η2p = .36 - .46). Entgegen der bestehenden Literatur verbesserte der zusätzliche Einsatz von (simulierten) Stressoren die Wirksamkeit des Trainings nicht. Im Gegensatz zur bestehenden Literatur unterschieden sich in der vorliegenden Studie die Aufgaben und Stressoren zwischen Training und Testung. Die Effekte von Training unter Stress scheinen folglich aufgaben- und situationsspezifisch zu sein. Die statische Apnoe-Tauchaufgabe für AthletInnen (SATA): Ein Paradigma zur Erfassung der psychologischen Flexibilität in extremen Umwelten Psychologische Flexibilität (PF) wird in Anlehnung an den Acceptance-and-Commitment-Therapy-Ansatz (Hayes et al., 1999) als eine Anpassungsfähigkeit verstanden, die es AthletInnen erlaubt, negative Auswirkungen von Angst auf sportliche Leistung unter extremen Bedingungen abzumildern (Bain et al., 2018). AthletInnen mit hoher PF vermeiden aversive innere Zustände nicht, sondern akzeptieren sie und handeln werteorientiert. Bislang wurde PF nur basierend auf Selbstberichtsdaten erfasst. Ziel der vorliegenden Studie war es, ein verhaltensbasiertes Messinstrument für PF zu entwickeln und zu evaluieren. Hierfür wurde eine statische Apnoe-Tauchaufgabe für AthletInnen (SATA) verwendet. Beim Apnoetauchen wird der Abschnitt bis zum ersten Impuls, Auftauchen zu wollen, als Easy-Going-Phase bezeichnet. Dieser folgt die Struggle-Phase, der aufgrund von Kontraktionen des Zwerchfells körperlich und mental unangenehmste Abschnitt des Atemanhaltens. Mit zunehmender Zeit des Tauchens in der Struggle-Phase wurde eine Zunahme der Zustandsangst erwartet. In einem Within-Subject-Design führten N = 58 Studierende (M = 21.62 Jahre, SD = 3.83) das SATA-Paradigma zu drei Messzeitpunkten durch. Die Easy-Going-Phase wurde von den Versuchspersonen durch Handzeichen angezeigt. Zur Baseline blieben sie bis zu diesem Zeitpunkt unter Wasser. Zu den anderen beiden Messzeitpunkten wurden sie gebeten, so lange wie möglich unter Wasser zu bleiben, sodass sie die Struggle-Phase erreichten. In SATA wurde die PF auf der Verhaltensebene als die Länge der Struggle-Phase operationalisiert. Die Zustandsangst wurde vor dem ersten und nach allen drei Tauchdurchgängen mit dem Anxiety-Thermometer (Houtman & Bakker, 1989) erfasst. Dispositionelle Achtsamkeit (FFQ-D, Michalak et al., 2016) sowie die globale Erlebnisvermeidungstendenz (BEAQ, Gámez et al., 2014) wurden einmalig erhoben. ANOVAs mit wiederholten Messungen ergaben eine signifikante Zunahme der Angst und der Zeit des Atemanhaltens über die drei Bedingungen hinweg. Multiple Regressionsanalysen ergaben einen positiven Haupteffekt von Angst auf die Zeit des Atemanhaltens zum zweiten Messzeitpunkt. Achtsamkeit sagte die PF in den experimentellen SATA-Versuchen nicht signifikant voraus. Explorative Analysen mittels Wilcoxon-Tests zwischen dem 2. und 3. Messzeitpunkt ergaben eine signifikante Zunahme der Zeiten in den Easy-Going- und den Struggle-Phasen. PF lässt sich nicht einem bestimmten Messzeitpunkt zuordnen, weil die Operationalisierung der PF mithilfe der Länge der Struggle-Phase nicht bestätigt werden konnte. Die Ergebnisse legen nahe, dass SATA eine extreme, angstauslösende Umgebung darstellt, in der AthletInnen lernen können, wie sie mit Angst und weiteren aversiven Zuständen umgehen können. Folglich kann das entworfene Paradigma als sportpsychologische Trainingsform zur Emotionsregulation oder auch in adaptierter Version zum Training der Kompetenzerwartung verwendet werden. |
Datum: Freitag, 19.05.2023 | |
8:30 - 10:00 | AK08: Erholungsmanagement im (Nachwuchs-) Leistungssport – Einflussgrößen und Methoden Ort: V 7.31 Chair der Sitzung: Lisa Kullik, Ruhr-Universität Bochum |
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Erholungsmanagement im (Nachwuchs-) Leistungssport – Einflussgrößen und Methoden Für ein optimales Erholungsmanagement im Leistungssport spielen die Auswahl sowie die Abstimmung von Erholungsmethoden eine große Rolle. Die aktive Erholung kann beispielsweise Cool-Down-Maßnahmen unmittelbar nach Training oder Wettkampf umfassen; zu den wichtigsten passiven Erholungsstrategien gehören hingegen Ernährung, Schlaf und Entspannungstechniken (Balk et al., 2019; Halson et al., 2019). Ein optimales Erholungsmanagement erfordert die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse des/der Athlet*in und sollte eng mit dem Trainings- und Wettkampfplan abgestimmt sein (Kellmann et al., 2018). Dafür müssen mehrere Einflussgrößen betrachtet werden, wie z.B. Trainingsbelastung, Alter, Geschlecht, Verletzungszustand oder auch Reisebelastungen. Erholung wird dabei als multidimensionaler (u.a. physiologischer und psychologischer) und zeitbezogener Prozess verstanden (Kellmann et al., 2018). Besonders bei Nachwuchsathlet*innen muss berücksichtigt werden, dass sie sich in der körperlichen Entwicklungsphase befinden und möglicherweise mehr Zeit für Erholungsprozesse benötigen (Bergeron et al., 2015; Burešová et al., 2021). Bei Jugendlichen muss zusätzlich die schulische Belastung berücksichtigt werden (Alfonsi et al., 2020), welche eine sorgfältige Planung und Abstimmung des Erholungsmanagements mit Trainings- und Schulplänen erfordert Es ist wichtig, die langfristige Entwicklung zu beachten und das Training sowie die Erholung dementsprechend anzupassen, um das Auftreten von Übertraining zu vermeiden. Während der Wachstumsphase ist Schlaf von besonderer Bedeutung, da während dieser Phase Muskeln, Knochen sowie das Nervensystem adaptieren. Eine erhöhte Schlafquantität kann diese Prozesse fördern. Schlafmangel wiederum kann negative Auswirkungen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen, erhöhte Verletzungsgefahr oder verminderte Leistung haben, sowie Probleme mit der Gewichtsregulation verursachen (Crowley et al., 2019; Walsh et al., 2021). Daher ist adäquater Schlaf bei Athlet*innen essenziell, um die Leistung und Erholung zu fördern. Psychoedukation zu Schlafhygienemaßnahmen kann dazu beitragen, die Schlafqualität zu verbessern und das Schlafverhalten zu optimieren (Walsh et al., 2021). Eine zentrale Schlafhygieneempfehlung umfasst die Nutzung digitaler Medien unmittelbar vor dem Schlafengehen zu reduzieren (Caia et al., 2018). Die durch die Bildschirme ausgestrahlten blauen Lichtwellen können die Melatoninproduktion beeinträchtigen und den Einschlafprozess verzögern. Auch mentale Prozesse, die durch die Nutzung digitaler Medien ausgelöst werden, können destruktiv auf den Einschlafprozess wirken. Somit kann die Nutzung dieser Medien die Schlafqualität beeinträchtigen und sich negativ auf das Erholungsmanagement und das mentale Wohlbefinden auswirken (King et al., 2014; Scott et al., 2019). Das Ziel dieses Forschungssymposiums ist es, aktuelle Methoden und Ergebnissen aus den Forschungsprojekten "Individuelles Schlafmanagement im Nachwuchsleistungs- und Spitzensport (InSchlaf)" und „Nutzung digitaler Medien bei Nachwuchsleistungssportler*innen im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit (DigiMed) vorzustellen und zu diskutieren. Abschließend sollen Konzepte zur Psychoedukation präsentiert und diskutiert werden. Beiträge des Arbeitskreises Assessment des Schlafverhaltens im (Nachwuchs-) Leistungssport Schlaf spielt eine übergeordnete Rolle im Leistungssport, da er sowohl für die körperliche als auch für die mentale Regeneration von Athlet*innen von großer Bedeutung ist (Irwin et al., 2015; Kellmann et al., 2018; Venter et al., 2014). Adäquater Schlaf kann die Leistungsfähigkeit verbessern, Verletzungen vorbeugen und die körperliche sowie mentale Belastbarkeit erhöhen. Für Erwachsene wird eine Schlafdauer von 7-9 Stunden empfohlen, für Kinder und Jugendliche 8-10 Stunden (Walsh et al., 2021). Leistungssportler*innen können jedoch aufgrund der erhöhten körperlichen Belastungen und Anforderungen mehr Schlaf benötigen (Nédélec et al., 2018). Ein Mangel an Schlaf kann zu Leistungseinbußen, verminderter Konzentration und erhöhter Verletzungsgefahr führen (Hof zum Berge et al., 2020). Im Leistungssport sind daher eine adäquate Schlafdauer sowie eine hohe Schlafqualität und eine Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus' von enormer Bedeutung (Walsh et al., 2021). Dennoch weisen Athlet*innen häufig mangelnde Schlafqualität und -quantität auf (Kölling et al., 2016; Leeder et al., 2012; Vlahoyiannis et al., 2020). Um das Schlaf- und Erholungsmanagement von Athlet*innen zu optimieren, bietet das Monitoring des Schlafs und des Schlafverhaltens die Möglichkeit, ungünstige Verhaltensgewohnheiten und Probleme zu identifizieren (Halson, 2019). Dabei können grundsätzlich vier verschiedene Monitoringansätze differenziert werden: subjektive Schlaftagebücher, standardisierte Fragebögen, Aktigraphie und Polysomnographie (Hof zum Berge et al., 2020). Für den Einsatz im nicht-klinischen Leistungssport-Setting ist der Goldstandard Polysomnographie aus monetären sowie ökonomischen Gründen meist nicht ergiebig (Kölling et al., 2019). Eine Alternative stellt der Einsatz von bewegungsmessenden Aktigraphen und portablen Polysomnographie-Geräten dar. Letztere können über die Messung der Bewegungsaktivität hinaus zusätzlich die Schlafphasen erfassen. Mit Hilfe dieser Instrumente können Schlafparameter wie Einschlaflatenz, nächtliches Erwachen, Liegedauer und Schlafdauer objektiv erfasst werden. Gleichzeitig stellen psychometrische Verfahren wie Tagebücher und Fragebögen eine praktische, effiziente und kostengünstige Alternative oder Ergänzung dar (Nässi et al., 2017; Saw et al., 2015). Besonders in längsschnittlichen Untersuchungen hat sich das Monitoring durch Fragebögen in der sportwissenschaftlichen Forschung bewährt (Fox et al., 2020). Welcher Monitoringansatz gewählt werden sollte, hängt von den Rahmenbedingungen sowie der Zielstellung des Monitorings ab (Ibáñez et al., 2018). In den meisten Fällen bietet sich ein kombinierter Ansatz von subjektiven und objektiven Verfahren an. In diesem Beitrag werden die methodischen Vorgehensweisen aus drei verschiedenen Studien des Forschungsprojekts InSchlaf vorgestellt. Dabei stehen vor allen Dingen die Auswahl und Anwendung von Verfahren zur Erfassung des Schlafs und Schlafverhaltens im Vordergrund sowie die zielgruppenspezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen der jeweiligen Untersuchungen. Analyse, Auswertung und Einordnung von Schlafdaten im (Nachwuchs-) Leistungssport Trotz der unbestrittenen Bedeutung des Schlafs für mentale und physische Prozesse, zeigt sich bei Athlet*innen eine hohe Prävalenz inadäquaten Schlafs. Umfangreiche und enge Trainings- und Spielpläne sowie sportartspezifische Trainingszeiten beeinträchtigen die Schlafqualität und -quantität der Athlet*innen (Walsh et al., 2021). Beispielsweise zeigte sich bei Schwimmer*innen eine deutliche Einschränkung der Schlafdauer durch frühmorgendliches Training (Gudmundsdottir, 2020; Sargent et al., 2012). Zur Bestimmung der Schlafqualität und -quantität können verschiedene Schlafkennwerte analysiert und eingeordnet werden. Zentrale Schlafparameter stellen dabei die Verteilung der Schlafphasen über den Verlauf der Nacht, die Schlafeffizienz, die Einschlaflatenz sowie nächtliche Wachphasen (Dauer und Häufigkeit) dar (Walsh et al., 2021). Diese können anhand der Einteilungen des Expertenkonsens der National Sleep Foundation als unangemessener oder angemessener Indikator für die Schlafqualität für die jeweilige Altersstufe eingeordnet werden (Ohayon et al., 2017) sowie durch Kennwerte wie Müdigkeit oder Erschöpfung am Tag oder die wahrgenommene Erholsamkeit des Schlafes ergänzt werden (Hofmann et al., 1997). Für standardisierte klinische Schlaffragebögen wie der Epworth Sleepiness Scale (Johns, 1991) zur Erfassung der Tagesschläfrigkeit oder den Pittsburgh Sleep Quality Index (Buysee et al., 1989) zur Erhebung der subjektiven Schlafqualität liegen zudem von den jeweiligen Autoren postulierte Cut-off Werte vor, die eine Einteilung in gute oder schlechte Schlafqualität respektive unauffällige oder überhöhte Tagesschläfrigkeit erlauben. Um die besonderen Anforderungen und Bedingungen von Athlet*innen zu berücksichtigen, kann die Analyse um die Auswertung der Items der Kurzskala Erholung und Beanspruchung (Kellmann et al., 2016; Kellmann & Kölling, 2020) sowie des Fragebogens zum Schlafverhalten von Sportlerinnen und Sportlern (Driller et al., 2018; Hof zum Berge et al., 2022) ergänzt werden. Darüber hinaus können individuelle Werte in Bezug zu Gruppenmittelwerten ausgewählter, geeigneter Referenzgruppen und Vergleichsstichproben gleicher Sportart, Nationalität, gleichen Alters oder vergleichbaren Leistungsniveaus gesetzt werden. Die genannten Kennwerte sollen anhand von Fallbeispielen in dem Symposium erläutert und eingeordnet werden, um Fragen wie „Was weist auf inadäquaten Schlaf hin? Woran erkennt man geeignete Referenzwerte? Welche Rolle spielt die individuelle Einordnung? Wie können Diskrepanzen zwischen objektiven und subjektiven Parametern erklärt werden?“ zu diskutieren. Exemplarisch sollen Polysomnographie- und Aktigraphie-Reports sowie grafisch abgebildete Erholungs- und Beanspruchungsverläufe und Verteilungen der Schlaffragebogen-Werte in ausgewählten Stichproben gezeigt und gemeinsam interpretiert werden. Eine zentrale Stichprobe stellt dabei eine Gruppe jugendlicher deutscher Nachwuchs-Leistungs-Schwimmer*innen dar, die an dem laufenden Forschungsprojekt InSchlaf zur Erfassung des Status quo des Schlafes und zur Optimierung des individuellen Schlafmanagements teilgenommen haben. Assessment der Nutzung digitaler Medien im (Nachwuchs-) Leistungssport Der Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Medien und der psychischen Gesundheit im Nachwuchsleistungssport ist bisher kaum untersucht. Dabei spielen neben der reinen Nutzungsdauer auch die Art und Weise der Nutzung sowie die Einstellung der Nutzer*innen zu digitalen Medien eine Rolle. Eine Herausforderung in diesem Kontext stellt die Auswahl geeigneter Verfahren dar, um die Nutzung digitaler Medien verlässlich zu erheben. Neben verbreiteten Methoden der Selbsteinschätzung bietet die moderne Technik auch Möglichkeiten für die objektive Erfassung von Nutzungsdaten. In diesem Beitrag sollen zwei durchgeführte Studien zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen psychischer Gesundheit und Mediennutzung im Nachwuchsleistungssport vorgestellt werden. In einer Querschnittsstudie wurde zunächst die Gesamtnutzungsdauer digitaler Medien sowie die tägliche Nutzungszeit der gängigsten sozialen Medien (z.B. Instagram, TikTok) mit Hilfe von Selbstauskunfts-Items erhoben. Außerdem wurden die Symptome der Sucht nach digitalen Medien mit einer angepassten Version der kognitiv-behavioralen Skala der Gaming Disorder Scale for Adolescents (Paschke et al., 2020) gemessen. Um Zusammenhänge mit der psychischen Gesundheit und dem Schlafverhalten zu untersuchen wurden außerdem eine Kurzform der Depression Anxiety and Stress Scale (Lovibond & Lovibond, 1995; Nilges & Essau, 2015), die Positive Mental Health Scale (Lukat et al., 2016), eine Kurzversion des Eating Disorder Examinations-Questionnaire für Kinder (Kliem et al., 2017) sowie der Pittburgh Sleep Quality Index (Buysse et al., 1989) verwendet. Außerdem wurde die Physical Appearance Comparison Scale (Mölbert et al., 2017, Thompson et al., 1991) verwendet, um das Ausmaß an sozialem Vergleich zu erfassen. In einer zweiten längsschnittlich angelegten Studie sollten diese Daten um eine objektive App-basierte Tracking-Methode ergänzt werden. Android-Nutzer*innen unter den Teilnehmer*innen nutzten dabei die Anwendung App Usage, die eine detaillierte Verfolgung verschiedener Nutzungsparameter ermöglicht. Die Smartphone-Nutzung von iOS-Nutzer*innen musste aufgrund von Kompatibilitätsproblemen über die Anwendung Bildschirmzeit gemessen werden. Die Nutzungszeiten wurden für die vier beliebtesten Anwendungen (TikTok, Instagram, Snapchat, Messenger) extrahiert. Die Erfassung der Nutzung digitaler Medien auf Grundlage von Selbstauskünften wurde wegen mangelnder Validität und Reliabilität zuletzt kritisiert. Die Methode des App-basierten Trackings erwies sich jedoch als äußerst ressourcen- und zeitintensiv. Komplikationen traten weiterhin bei der Kompatibilität von Anwendungen und den Betriebssystemen der Smartphones auf. Das hatte Auswirkungen auf die Tiefe der Nutzungsdaten und den Anteil an fehlenden Daten. Die Nutzungsdaten, die auf Tracking-Anwendungen basieren, sind gut geeignet, um quantitative Aspekte der Smartphone-Nutzung zu messen. Sie bieten allerdings keine vertieften Informationen darüber, für welche Aktivitäten die Teilnehmer die einzelnen Anwendungen nutzen. Die elektronische Messung von Nutzungsdaten ist trotz ihrer vielen Vorteile auch mit Einschränkungen und Herausforderungen verbunden. Analyse, Auswertung und Einordnung des Nutzungsverhaltens digitaler Medien im (Nachwuchs-) Leistungssport Digitale Medien nehmen im Leben junger Athlet*innen eine wichtige Rolle ein. Während sie mit vielfältigen Vorteilen verbunden sind, wurden sie auch mit Einschränkungen des mentalen Wohlbefindens in Verbindung gebracht. Insbesondere der Schlaf kann von der Nutzung digitaler Medien durch physiologische, behaviorale und emotionale Prozesse beeinträchtigt werden (Twenge et al., 2017). Zudem wird durch digitale Medien sozialer Vergleich gefördert, der zu Selbstabwertung führen kann. Da junge Athlet*innen mit Mehrfachanforderungen konfrontiert sind (z.B. Schule, Training, Freunde), können sie anfälliger für stressbezogene Einschränkungen der mentalen Gesundheit sein (Nixdorf et al., 2016). Eine Balance zwischen Belastung und Erholung ist essenziell, um die physische und psychische Gesundheit, sowie die sportliche Leistung zu erhalten (Kellmann et al., 2018). Der Zusammenhang zwischen mentaler Gesundheit und Mediennutzung wurde mit zwei Studien gemessen, die in diesem Beitrag vorgestellt werden. In einer Querschnittstudie mit N=591 jugendlichen Athlet*innen wurden selbstberichtete Mediennutzung, Schlaf, sozialer Vergleich, negative Emotionalität und problematisches Essverhalten erhoben. Mittels Strukturgleichungsmodell wurde der Zusammenhang digitaler Medien mit der mentalen Gesundheit und ihre Interaktion mit dem Leistungsniveau untersucht. Schlaf und sozialer Vergleich wurden als Mediatoren aufgenommen. Die zweite Studie implementierte eine app-basierte Erhebung der Nutzungsdaten als objektives Maß für Mediennutzung. Über zwei Wochen wurden intraindividuelle und interindividuelle Zusammenhänge zwischen Nutzung sozialer Netzwerke mit Schlaf, Stimmung, Belastung und Erholung beobachtet und mit einem Mehrebenenmodell analysiert. In der ersten Studie sagten die Nutzung digitaler Medien Emotionalität und problematisches Essverhalten vorher. Schlaf und sozialer Vergleich mediierten diesen Zusammenhang. Mediennutzung hatte einen stärkeren negativen Effekt bei Athlet*innen auf einem hohen als auf einem niedrigen Leistungsniveau. In der zweiten Studie zeigte sich ein interindividueller negativer Zusammenhang zwischen der Nutzung von Instagram und der Stimmung. Intraindividuell war die Nutzung von TikTok am Vortag mit schlechterem Schlaf und Erholung sowie einer höheren Belastung verbunden. Keine signifikanten Effekte zeigten sich für WhatsApp und Snapchat. Die Effektstärken des Zusammenhangs digitaler Mediennutzung und mentaler Gesundheit waren in beiden Studien klein bis moderat (β=.10-.43). Die Ergebnisse implizieren, dass Sucht nach sozialen Medien sowie ihre Nutzungsdauer mit einer Verschlechterung des Schlafes bei jungen Athlet*innen zusammenhängt. In der ersten Studie stieg das Ausmaß dieser negativen Effekte mit zunehmendem Leistungsniveau. Sozialer Vergleich mediierte den Zusammenhang digitaler Medien mit schlechterer Stimmung und problematischem Essverhalten. Athlet*innen auf einem höheren Leistungsniveau zeigten einen höheren sozialen Vergleich und eine längere Nutzung von Instagram. Sozialer Vergleich und Schlaf könnten daher relevante Ansatzpunkte bei Athlet*innen sein. Mögliche kognitiv-behaviorale Methoden für eine Intervention sind eine Begrenzung der Bildschirmzeit, kognitive Neubewertung oder Psychoedukation. Psychoedukative Ansätze für das Erholungsmanagement im (Nachwuchs-) Leistungssport Das Ziel der Psychoedukation ist es, Informationen und Fähigkeiten zu einem bestimmten Thema zu vermitteln, um die Identifikation, das Verständnis sowie die Bewältigung von Problemen zu ermöglichen und zu einer Verbesserung der mentalen Gesundheit beizutragen (Goldman, 1988). Je nach Gegebenheiten kann Psychoedukation im Einzel- oder Gruppensetting stattfinden (Stillman et al., 2016). Auch im Erholungsmanagement von Athlet*innen spielen psychoedukative Ansätze eine wichtige Rolle. Diese fokussieren sich darauf, Athlet*innen dabei zu unterstützen, mentale und emotionale Herausforderungen zu bewältigen, die im Zusammenhang mit sportlicher Belastung und Erholung auftreten können (Harris et al., 2003). Übergeordnete Themen sind dabei Stressmanagement, Entspannungstechniken, Selbstreflexion, Schlaf- und Erholungsmanagement und Ernährungsbildung. Neben der Befähigung der Athlet*innen selbst, stellt die Sensibilisierung der Trainer*innen zum Thema Erholungsmanagement ein weiteres Ziel dar. Psychoedukation im Hinblick auf die Erarbeitung von schlaf- und erholungsfördernden Routinen und die Implementation von Schlafhygieneregeln stellt einen essenziellen Ansatz für die Optimierung der Schlafqualität dar (Hof zum Berge et al., 2020). Beispielsweise berichteten Driller et al. (2019) über verbesserte Schlafparameter in Folge einer individualisierten Schlafhygiene-Intervention, die auf einem mehrwöchigen Monitoring aufbaute. Ein wichtiger Leitsatz ist es, die Verhaltensanpassungen möglichst simpel zu halten, damit sie für Athlet*innen praktikabel und umsetzbar sind (Caia et al., 2018). Schlafhygiene kann dabei als eine Reihe von verhaltens- und umgebungsbezogenen Empfehlungen verstanden werden, um erholsamen und adäquaten Schlaf zu fördern (Irish et al., 2015). Diese umfassen unter anderem Hinweise bezüglich des Koffeinkonsums, der Gestaltung der Schlafumgebung, Naps am Tag sowie hinsichtlich der Schlaf-Wach-Phasen (Caia et al., 2018; Irish et al., 2015). Ein weiterer Fokus soll auf der Psychoedukation im Hinblick auf Sozialen Vergleich auf digitalen Medien liegen. Dazu wurde in Workshops mit Nachwuchsleistungssportler*innen eine Intervention mit Anlehnung an das transaktionale Stressmodell (Lazarus & Folkman, 1984) durchgeführt. Ziel war es, den Teilnehmer*innen neben Wissen über ablaufende kognitive Prozesse auch eine gesundheitsbewusste Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln. Im abschließenden Beitrag sollen auf Basis der zuvor präsentierten Studien im (Nachwuchs-) Leistungssport Konzepte für die Psychoedukation im Rahmen des Erholungsmanagements dargestellt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei vor allen Dingen auf der Optimierung des Schlafmanagements sowie dem Nutzungsverhalten digitaler Medien. |
12:45 - 14:00 | AK13: Talent / Leistungssport Ort: V 7.31 Chair der Sitzung: Nadja Walter, Universität Leipzig - Sportwissenschaftliche Fakultät |
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Trainer:in-Athlet:in-Beziehung im Fokus – Effekte einer einmaligen und einer dreiteiligen Intervention für Trainer:innen im Leistungssport 1Universität Leipzig, Sportwissenschaftliche Fakultät, Sportpsychologie; 2Landessportbund Sachsen e.V. Eine starke und positive Trainer:in-Athlet:in-Beziehung (TAB) wird als wesentlich für sportliche Leistung erachtet und ist mit positiven Begleiterscheinungen wie erhöhter Zufriedenheit von Trainer:innen und Athlet:innen assoziiert (Jowett & Ntoumanis, 2004; Jowett & Shanmugam, 2016). Das Ziel des vorliegenden Projektes war die Überprüfung der Effekte von zwei verschiedenen Interventionen hinsichtlich der TAB. Das vom DOSB geförderte Projekt (TrainerInSportdeutschland) wurde in Kooperation mit dem Landessportbund Sachsen im Jahr 2022 durchgeführt. Zielgruppe waren hauptamtliche Trainer:innen im Leistungssport, die an einer einmaligen Online-Intervention (Intervention 1) teilnahmen und sechs Monate später die Möglichkeit zur Teilnahme an einer dreiteiligen Präsenz-Intervention (Intervention 2) hatten. An Intervention 1 (1 x 3 Std.) nahmen N = 125 Stützpunkt-, Landes- und Regionaltrainer:innen (28.8 % weiblich, 18-65 Jahre, M = 43.2, SD = 12.0, 25 Sportarten) teil. An Intervention 2 (3 x 4 Std.) nahmen N = 17 Trainer:innen (3 weiblich, 23-60 Jahre, M = 42.5, SD = 12.6, 12 Sportarten, Substichprobe Intervention 1) teil. Die Inhalte der Intervention 1 adressierten Kommunikation, Führungsverhalten und Konfliktmanagement und basierten theoretisch auf dem 3+1 C und dem COMPASS Modell (Jowett & Lavallee, 2007; Jowett & Rhind, 2010). Die Inhalte der Intervention 2 bildeten eine Vertiefung dieser Themen. Beide Interventionen wurden quantitativ (prä-post) und qualitativ (post) evaluiert. Die quantitative Evaluation umfasste Fragen zur TAB (visuelle Analogskalen zu Nähe, Respekt, Vertrauen); in Intervention 2 wurden zusätzlich Zufriedenheitsmaße (Jowett & Ntoumanis, 2004) sowie Fragenbögen zum Führungsverhalten (Leadership in Sports Scale (LSS); Würth et al., 1999) und zur Kompetenzeinschätzung (Coaching Efficacy Scale (CES); Zepp et al., 2020) eingesetzt. Qualitativ erfolgten Fragen zur Inhalts- und Strukturevaluation als Blitzlichtfeedback und anonyme Onlineabfrage. Die Überprüfung der Effekte der quantitativen Daten erfolgte mithilfe von t-Tests sowie Wilcoxon Tests für beide Interventionen separat. Effektstärken wurden nach Cohen (1992) berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich nach Intervention 1 die TAB hinsichtlich Nähe (p < .001, dRM = .346), Respekt (p = .021, dRM = 0.204) und Vertrauen (p = .003, dRM = .264) signifikant verbessert hat. Bei Intervention 2 zeigen sich positive Effekte hinsichtlich Kompetenzeinschätzung (Motivation p = .003, r = .89; Technik p = .036, r = .63) und Zufriedenheit (p = .025, r = .67). Die Ergebnisse deuten auf einen positiven Effekt beider Interventionen hin, der jedoch aufgrund einer fehlenden Kontrollgruppe sowie der teils kleinen Effektstärken vorsichtig zu interpretieren ist. Es ist angestrebt die Stichprobe der Intervention 2 weiter zu erhöhen sowie eine Kontrollgruppe zu implementieren, um die Aussagekraft der Daten zu verbessern. Reden wir aneinander vorbei? Subjektive Wahrnehmungsunterschiede in der Kommunikation zwischen Eltern und Trainer:innen im Nachwuchsfußball Deutsche Sporthochschule Köln, Deutschland Eltern und Trainer: innen agieren gemeinsam in einem komplexen sozialen Netzwerk im Nachwuchssport. Die Art und Weise, wie Eltern und Trainer:innen miteinander in Beziehung stehen und zusammenarbeiten, hat nachweislich Auswirkungen auf die Entwicklung und die sportliche Leistung von Kindern. Studien zeigen, dass die Eltern-Trainer:innen-Beziehung häufig durch mangelndes Vertrauen, unterschiedliche Erwartungshaltungen sowie eine unbefriedigende Kommunikation gekennzeichnet ist. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, subjektive Wahrnehmungsunterschiede in der Häufigkeit, den Themen sowie den Formen der Kommunikation zwischen Eltern und Trainer:innen zu bestimmen. 1042 Elternteile (MAlter = 45.2 ± 7.0 Jahre; 48% weiblich) und 338 Trainer:innen (MAlter = 40.0 ± 12,5 Jahre; 12% weiblich) aus Fußball-Leistungszentren sowie Breitensport-Vereinen nahmen an einer quantitativen Online-Erhebung teil. Eltern und Trainer:innen vervollständigten den Fragebogen zur Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrer:innen (sport-adaptiert; Sodogé et al., 2012) sowie die Skala zum Perceived Organisational Support (sport-adaptiert; Siebenaler & Fischer, 2020). Wahrnehmungsunterschiede in der Kommunikationshäufigkeit zwischen Eltern und Trainer:innen wurden mittels Mann-Whitney U Tests identifiziert. Beispielsweise gaben Eltern signifikant weniger im Vergleich zu Trainer:innen an, dass Gespräche mit Trainer:innen nach dem Training/nach einem Wettkampf, U = 44964.0, p < .001, r = -.417, oder Telefonate, U = 44901.5, p < .001, r = -.433, stattfinden. Die Ergebnisse deuten außerdem auf die Relevanz struktureller und organisatorischer Faktoren für die Kommunikation zwischen Eltern und Trainer:innen hin. So scheint die Umsetzung der Elternarbeit im Verein signifikant mit der Wahrnehmung der Eltern-Trainer:innen-Beziehung, r(285) = -.45, p < .001, der subjektiven Handlungssicherheit der Trainer:innen im Umgang mit Eltern, r(285) = .15, p = .011, sowie der wahrgenommenen Unterstützung von Seiten des Vereins, r(196) = .16, p = .025, zusammenzuhängen. Die Ergebnisse zeigen sich dabei sowohl für Eltern und Trainer:innen in Fußball-Leistungszentren als auch in Breitensport-Vereinen. Die Studie ergänzt bisherige qualitative Untersuchungen mit quantifizierbaren Daten und gibt erstmalig einen Einblick in den aktuellen Umsetzungsstand der Eltern-Trainer:innen-Kommunikation im Nachwuchsfußball. Zukünftige Studien sollten die Auswirkungen der Eltern-Trainer:innen-Kommunikation auf psychische sowie leistungsbezogene Parameter bei Kindern sowie die Wirksamkeit von Kommunikations-Interventionen untersuchen. Die Ergebnisse verdeutlichen zudem den Bedarf, das Thema „Elternarbeit“ in der Aus- und Fortbildung von Trainer:innen zu implementieren, um eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Eltern und Trainer:innen zu fördern. Expert stakeholder perspectives on safe return to sport in high-performance snowsport: exploring current practices, challenges, and opportunities 1Department of Orthopaedics, Balgrist University Hospital, University of Zurich; 2Department of Public and Occupational Health, Amsterdam UMC Athletes in high-risk sports such as snowsports are often confronted with severe musculoskeletal injuries during their careers (Fröhlich et al., 2021). Therefore, the whole rehabilitation process is very important for a safe return to sport. The study focused on the different expert stakeholders' perspectives on the process and explore current practices, challenges and opportunities related to return to sport in snowsports. In a qualitative study, 14 semistructured in-depth interviews were conducted with international expert stakeholders. All experts, including athletes, coaches, physiotherapists, surgeons, and sport psychologists have many years of experience in high-performance sports and are actively involved in the return to sport process. Data were transcribed verbatim and analysed inductively, based on constant comparative analysis, employing principles of Grounded Theory (Boeije, 2002). For consistency interviews were coded independently by second coders. After alignment codes were grouped into themes, and the main theories emerged. Expert stakeholders mentioned the importance of a structured process with a common final goal and cirteria-based milestones. Whereas in early phases evidence-based milestones are well oriented, later phases based on practical experience. Therefore, good cooperation between experts is necessary. Especially ensuring the flow of information over the whole process and diffusion of responsibilities in transition of the phases are major challenges. The environment and social support was reported as an important factor and has an influence on the rehabilitation process. As an injury is often a critical event and unfamiliar situation, a warm and safe environment is essential. To support the athletes as quickly as possible, a direct access to an expert network is necessary. Based on the different experts' perspectives, it is necessary consider rehabilitation as a non linear and holistic process. It is important to place the athlete at the center of the process and respond to their needs. This requires cross-phase information flow and cooperation between all stakeholders to increase the quality of the return to sport pathway. The differentiation of single and dual career athletes falls short (again!): A longitudinal study on the stability of life situations of elite athletes Universität Bern, Schweiz Typologies of athletic career development in high-performance sport are typically based on demographic data, sport characteristics or pursuing a dual career (i.e., having an educational or vocational career simultaneous to the athletic career). However, within these subgroups of the elite athlete population considerable heterogeneity remains. In line with the person-oriented approach and addressing the need for a holistic consideration of a high-performance sport career, Örencik et al. (2022) identified five distinct life situations of elite athletes. This approach focuses on the human development and functioning as an integrated organism within the person-environment system allowing for potential interaction and compensation between factors, which cannot be adequately rendered by the variable-oriented approach. Thus, instead of establishing a “the more the merrier” relationship between one or more independent and dependent variable/s of the general linear model (GLM), which does not account for the complexity of human development from a dynamic-interactionist perspective, cluster analyses can be used to identify common patterns. Following five patterns were found: (1) working dual career athletes, (2) high-income professional athletes, (3) medium-income professional athletes, (4) family-supported athletes, and (5) student dual career athletes. The current study is a longitudinal extension to investigate stability and development of patterns. Based on a sample of 383 elite athletes (Mage = 25.54, SD = 4.69, 44.6% female) competing in Olympic sports or floorball and orienteering, the LICUR method was performed. First, a residue analysis led to the exclusion of three extreme cases. Second, cluster analyses were conducted for two developmental phases (i.e., T1 = 2019, T2 = 2020). Operating factors as basis of clustering were athletic performance level, weekly hours spent (i.e., sport-related activities, education, and vocation), and financial information (i.e., gross annual income and income generated from sport). Last, similarity between patterns is determined (structural stability) and transitional probabilities are investigated (individual stability). Identical life situation patterns as in Örencik et al. (2022) were found for T1 and T2: (1) working dual career athletes, (2) high-income professional athletes, (3) medium-income professional athletes, (4) family-supported athletes, and (5) student dual career athletes. Structural stability was demonstrated as the average squared Euclidian distance ranged from 0.01 to 0.21 between clusters. Highly significant odds-ratios between identical clusters attest individual stability. Moreover, frequent transitions from cluster 4 to 5 and 3 to 4 have been observed. These findings support Örencik et al. (2022) typology of separating dual from single career athletes, which, in turn, should also be subdivided. Moreover, these life situations are stable over a period of one year. This may aid federations and practitioners within athletic career development in providing individual assistance for both stable but also transitioning life situations of elite athletes. The (dis)-connection between talent selection in sport and business literature – a citation network analysis 1Westfälische Wilhelms-Universität Münster; 2Eberhard Karls Universität Tübingen Sports and business organizations both strive to find and select the most promising talents. With this aim, both contexts are searching for a gold standard for the selection process and constructs and methods to use which results in an increased number of publications within the last decades (for soccer: Williams et al., 2020). Although differences in selection age and constructs, such as physical aspects in sports, exist, both contexts may benefit from soft skills and reliable measurements. Approaches such as collecting information as signs or samples could be used in the sports context as well. The long history of selection research in business could therefore serve as a support for talent identification and selection in sports (Lievens et al., 2021). To see, whether the sports context uses information from the business context, we assess the interconnectivity of both fields by capturing the connections of all business, sports, and psychology literature of the SCOPUS and Web of Science databases (n = 20.492). After following the PRISMA guidelines (Page et al., 2021) a citation network analysis (CNA) was conducted (n = 941) to see the interconnectivity between both fields either directly or indirectly via a general psychology literature path. CNA “seeks to map the scientific structure of a field of research as a function of citation practices” (McLaren & Bruner, 2022) and provides insights into the connection between fields by showing the extent and possible pathways as well as influencing articles or research groups. This knowledge will guide further steps on whether information are used but do not suit the requirements and conditions of the sports or whether the connection is lacking, leading to starting points for future research. Results indicate a lack of interconnectivity (nlinks = 3.732) with only six articles being cited by the other context, divided equally. A previous CNA on team research (Emich et al.,2020) shows similar, although slightly higher numbers of cross-referenced articles between sports and business research. Possible reasons for the disconnection might refer to the sequential progression, entrance age, or citation culture. The low number of referenced articles provides opportunities for future research as there is (almost) no information gathered from the business context. Further research should systematically investigate salient topics in both contexts and those topics which are lacking research in the context of sports. Differences should serve as starting points to use information from the business context and to enhance talent selection in sports. |
14:30 - 15:30 | AK18: Sportpsychologische Transferforschung beim VfB Stuttgart: Ein Versuch von Forschung und Praxis, kognitiven Diagnostiken „auf den Grund zu gehen“ Ort: V 7.31 Chair der Sitzung: Oliver Höner, Universität Tübingen |
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Sportpsychologische Transferforschung beim VfB Stuttgart: Ein Versuch von Forschung und Praxis, kognitiven Diagnostiken „auf den Grund zu gehen“ Die Sportpsychologie hat im letzten Jahrzehnt in der Arbeit der Nachwuchsleistungszentren (LZ) in Deutschland enorm an Bedeutung gewonnen und ist zumindest formal über die Zertifizierung durch die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) fest verankert. Am LZ des VfB Stuttgart wird die Sportpsychologie bereits seit 2015 über eine Kooperation mit dem Lehrstuhl Sportpsychologie und Forschungsmethoden des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Tübingen realisiert. Im Rahmen dieser Kooperation wird die Betreuung aktuell über Sportpsycholog:innen vor Ort in Form diverser Maßnahmen in der Praxis umgesetzt, z. B. über sportpsychologische Workshops, Teambetreuungen, individuelle Betreuungen von Spielern oder auch die Bereitstellung eines Vermittlungskonzepts (potenziell) klinisch-relevanter Fälle. Des Weiteren bietet die Kooperation Möglichkeiten, anwendungsorientierte Forschung im Feld des LZ zu initiieren. Die auf modernen Technologien aufbauende Diagnostik von im weiteren Sinne kognitiven Leistungsfaktoren (z. B. fußballspezifische Entscheidungs- und perzeptuell-kognitive Fähigkeiten, unspezifische Kognitionen wie exekutive Funktionen) stellen ein hochaktuelles Forschungsthema dar und werden auch aus Sicht der Praxis am LZ des VfB Stuttgart als verheißungsvoll angesehen. Kognitiven Faktoren wird ein enormes Entwicklungspotenzial zugeschrieben, zugleich versprechen neue Technologien in diesem Zusammenhang attraktive Diagnostiken und Trainingsmethoden. Andererseits ist die theoretische und v.a. empirische Fundierung noch unzureichend (z. B. Beavan et al., 2020; Kalén et al., 2021), zumal häufig das Tempo der Forschung mit dem Tempo technologischer Neuentwicklungen nicht mithalten kann. In diesem Transfersymposium werden drei Projekte mit Bezug zu kognitiven Diagnostiken mittels neuer Technologien vorgestellt. Die drei Projekte adressieren unterschiedliche Fragen der aktuellen sportpsychologischen Diskussion (Entwicklung und Validierung, Vergleich verschiedener Diagnostiken, Herausforderungen in der Anwendbarkeit und Nutzen für die Praxis), Entwicklungsphasen (von Grundlagen- bis Profibereich) sowie Stellen des Transfers zwischen den Polen Wissenschaft und Praxis. Die Erkenntnisse und Potenziale dieser drei Beiträge sollen im Anschluss an die Einzelpräsentationen übergreifend hinsichtlich empirischer Erkenntnis sowie Fragen der Implementierung in ein LZ bzw. den Lizenzspielerbereich diskutiert werden. Beiträge des Arbeitskreises Fußballspezifischer Entscheidungstest mit 360°-Videos: Validierung einer kognitiven Diagnostik Kognitive Skills wie die Entscheidungskompetenz gelten als wichtige Talentfaktoren im Fußball (Williams et al., 2020), zu deren Diagnostik bzw. Training hochwertige Technologien entwickelt worden sind. Die prognostische Validität kognitiver Diagnostiken (Kalén et al., 2021) oder das Transferpotenzial von Entscheidungstraining (Kittel et al., 2021; Zentgraf et al., 2017) sind allerdings nur unzureichend empirisch belegt. Ziel dieser im Auftrag der DFB-Akademie in Kooperation mit dem LZ des VfB Stuttgart durchgeführten Studie war die diagnostische und prognostische Validierung eines Entscheidungstests, in dem mithilfe eines Head-Mounted-Displays (HMD) fußballspezifische 360°-Videos aus der Perspektive eines zentralen Mittelfeldspielers präsentiert wurden. Der Validierung lagen die Annahmen zugrunde, dass Alter, Leistungsniveau sowie zukünftiger Erfolg jeweils positiv mit den Testleistungen assoziiert sind. Studienteilnehmer waren N = 48 Nachwuchsspieler, die sich in einem balancierten 2x2 Design in der Saison 2018/2019 zwei Altersstufen (U19, U17) sowie Leistungsniveaus (Junioren-Bundesliga, Bezirksliga) zuordnen ließen. Ihnen wurden 54 Videos von wettkampfnahen 6 vs. 6 Spielszenen gezeigt, die nach Zuspiel zum zentralen Mittelfeldspieler abbrachen. Die Spieler wurden anschließend gefragt, wie sie den Angriff fortführen würden. Als abhängige Variable diente der Prozentsatz richtiger Entscheidungen über alle Spielszenen (Split-Half-Reliabilität r = .78). Zur Operationalisierung des Erfolgs im Erwachsenenalter wurde für die N = 24 Junioren-Bundesliga-Spieler die Ligazugehörigkeit ("Liga 1-4" vs. "Liga 5 oder niedriger") in der Saison 2021/2022 erhoben. Der Einfluss von Altersstufe und Leistungsniveau wurde aufgrund der gerichteten Hypothesen einseitig mittels ANOVA getestet, während die prognostische Validität wegen geringer Fallzahlen mittels U-Test untersucht wurde. Die Nachwuchsspieler entschieden zu M = 63.93% ± 10,15% richtig, was für ein generelles Verständnis der Videos spricht. Hinsichtlich der diagnostischen Validität zeigten sich erwartungskonform zugunsten der leistungsstärkeren und älteren Spieler signifikante Haupteffekte für Leistungsniveau (F[1,44] = 18.07, p ˂ .001, Eta² = .29) und Altersgruppe (F[1,44] = 7.04, p ˂ .01, Eta² = .14). Der Interaktionsfaktor war nicht signifikant (F[1,44] = 0.12, p = .73). Bezüglich der prognostischen Validität erreichten zukünftig erfolgreichere Spieler bessere Entscheidungsleistungen (U = 42.00, Z = -1.72, p < .05, r = .35). Eine zur Analyse der Sensitivität und Spezifität erstellte ROC-Kurve sowie der zugehörige signifikante AUC (p < .05; LL CI (90 %) = .52) zeigten, dass die korrekte Zuordnung zu den Leistungsstufen der Erwachsenen mit einer Wahrscheinlichkeit von 71% möglich ist. Die Studie bietet vielversprechende Befunde hinsichtlich Reliabilität, diagnostischer und prognostischer Validität. Die kleine Stichprobe ist einerseits eine Limitierung. Andererseits stellt sie für die prognosebezogene Fragestellung eine Stärke dar, da die Teilstichprobe der Junioren-Bundesligaspieler relativ homogen und leistungsstark ist und die Sensitivität der Diagnostik besonders gefordert wird. Studienbegleitend erfolgte eine Prozessevaluation über Spielerinterviews, die die Akzeptanz der Diagnostik unterstrich. Neben zahlreichen positiven Rückmeldungen benannten die Nachwuchsspieler auch Vorschläge zur Optimierung (bspw. Hinzufügen weiterer Spielszenen und auditiver Information). Zusammenhang und Trennschärfe zwischen bereichsspezifischen und generischen kognitiven Diagnostiken im Nachwuchsfußball Aus sportpsychologischer Sicht werden kognitive Aspekte als potenzielle Prädiktoren für Talente im Fußball angesehen. Die Beziehung zwischen bereichsspezifischen und generischen kognitiven Tests und ihre Nützlichkeit für die Talentidentifikation sind umstritten (Kalén et al., 2021). Zeitgleich werden existierende Diagnostiken in der Praxis eingesetzt. Ziele dieser Studie sind 1.) den Zusammenhang zwischen drei in der Fußballpraxis verwendeten bereichsspezifischen bzw. generischen kognitiven Diagnostiken zu explorieren und 2.) das Ausmaß zu untersuchen, in dem diese Tests zwischen Altersgruppen und Leistungsniveaus differenzieren. Nachwuchsfußballspieler (N = 110) aus dem Grundlagen- und Aufbaubereich (Altersgruppen U11 bis U15) aus dem LZ des VfB Stuttgart sowie der Nachwuchsabteilung eines Amateur-Partnervereins absolvierten drei Diagnostiken. Als generische kognitive Tests wurden der Determinationstest des Wiener Testsystems zur Messung der reaktiven Stresstoleranz (bspw. Beavan et al., 2020) und BrainsFirst (vier Tests zur Beurteilung des Arbeitsgedächtnisses, der Antizipation, der Kontrolle und der Aufmerksamkeit) verwendet. Zusätzlich wurde ein fußballspezifischer Entscheidungstest mit 360°-Videos durchgeführt (vgl. Beitrag 1 des Transfersymposiums). Die Gesamtergebnisse der einzelnen Tests wurden z-transformiert und ergaben sechs abhängige Maße (fünf für generische und eine für bereichspezifische Kognitionen). Es wurden partielle Korrelationen unter Berücksichtigung des Alters und eine zweifaktorielle multivariate Varianzanalyse (MANOVA) durchgeführt. Die Korrelationen zwischen dem fußballspezifischen Entscheidungstest und den generischen kognitiven Maßen reichten von .12 ≤ r ≤ .47, innerhalb der generischen kognitiven Maße von .22 ≤ r ≤ .67. Die Ergebnisse der zweifaktoriellen MANOVA zeigen einen signifikanten Haupteffekt der Altersgruppe (p < .001, Eta² = .188) und des Leistungsniveau (p < .001, Eta² = .568) sowie eine signifikante Interaktion (p < .001, Eta² = .126). Es ergaben sich vier signifikante Haupteffekte des Alters auf die generischen kognitiven Testergebnisse (p < .05, .116 ≤ Eta² ≤ .362) und ein signifikanter Haupteffekt des Alters beim fußballspezifischen Entscheidungstest (p < .001, Etap² = .389). Hinsichtlich des Leistungsniveaus der Spieler wurden vier signifikante Haupteffekte auf generische kognitive Maße (p < .05, .042 ≤ Eta² ≤ .432) und ein signifikanter Haupteffekt für den fußballspezifischen Entscheidungstest (p < .001, Eta² = .258) festgestellt. Die vorliegende Studie liefert weitere Befunde, die den Zusammenhang zwischen fußballspezifischer und generischer kognitiver Diagnostik zeigen und zusätzlich auf einen begrenzten Wert des Determinationstest für die Talentidentifikation hinweisen. Sowohl fußballspezifische Entscheidungstests mit 360°-Videos als auch BrainsFirst scheinen das Potenzial zu haben, zwischen den Leistungsniveaus und Altersgruppen zu differenzieren. „Ist das Diagnostik oder kann das weg?“ – Chancen und Herausforderungen psychologischer Diagnostik im Profifußball Durch das Voranschreiten der Forschungsergebnisse und damit einhergehenden Relevanz kognitiver Leistungsfaktoren (d.h. exekutive Funktionen, Entscheidungshandeln, Vororientierung) im Leistungssport allgemein und im Fußball im Speziellen (Kalén et al., 2021) treten auch immer mehr Anbieter auf den Markt (Harris et al., 2018), welche mit dem Siegel der „Wissenschaftlichkeit“ ihre Diagnostik-Tools anpreisen. Dabei scheinen die publizierten wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Tempo der Entwicklung neuer Technologien nicht standhalten zu können. Entsprechend stellt die Auswahl geeigneter sportpsychologischer, und insbesondere kognitiver, Diagnostiken eine große Herausforderung für die praktisch arbeitenden Sportpsycholog:innen im Leistungssport, insbesondere auch im Profifußball dar. Anhand der praktischen sportpsychologischen Arbeit im Lizenzspielerbereich des VfB Stuttgart stellt dieser Beitrag die Chancen und Herausforderungen in der Auswahl und Nutzung passender kognitiver Diagnostiken im Profibereich dar – diese werden dabei insbesondere in Bezug auf die in Beitrag 1 und 2 betrachteten Diagnostiken (Determinationstest, Brains First, Entscheidungstest mit 360° Videos) und der Nutzung innovativer Technologien thematisiert. Neben wissenschaftlichen Kriterien (bspw. Reliabilität, Validität) ist auch eine hohe Praktikabilität für das „Setting“ des Leistungssports und Akzeptanz bei Spieler:innen und Trainer:innen für eine gewinnbringende Anwendung notwendig (Beckmann & Kellmann, 2003). Entsprechend gilt es neben der Praktikabilität (z.B. zeitliche, finanzielle Kosten) und dem erwartbaren mittel- und langfristigen Erkenntnisgewinn auch die kurzfristige Nutzung der Ergebnisse für sportliche Weiterentwicklung der Spieler und direkte Leistungsverbesserung (Effektivität und Effizienz) zu berücksichtigen. Dies beinhaltet auch Überlegungen zur Anpassung von Diagnostiken im Sinne der Praktikabilitäts-Wissenschafts-Abwägung, befindet sich sportpsychologische Diagnostik doch stets in „Konkurrenz“ zu teils etablierteren Diagnostiken anderer Fachdisziplinen. Vor diesem Hintergrund soll auf den Mehrwert interdisziplinärer Zusammenarbeit eingegangen werden und am Beispiel von ‚resilienter Kognition‘ (Keegan, 2017; Walton et al., 2018) sowie einem ‚Return-to-Play / Return-to-Perform‘-Protokolls dargestellt werden. Zuletzt werden ebenfalls Chancen (z. B. klarer Aufgabenbereich) und Herausforderungen (bspw. Reduzierung auf reinen Leistungsbeurteiler und -optimierer) diskutiert, die für Sportpsycholog:innen mit der Rolle als „Diagnostiker“ im Profifußball einhergehen. |