Veranstaltungsprogramm
Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht | |
Ort: V 7.11 98 Plätze |
Datum: Donnerstag, 18.05.2023 | |
15:15 - 16:45 | AK01: Stell dir vor du bewegst dich! Vorstellungsfähigkeit und Lernen durch Vorstellung. Ort: V 7.11 Chair der Sitzung: Cornelia Frank, Universität Osnabrück Chair der Sitzung: Stephan Frederic Dahm, Universität Innsbruck |
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Stell dir vor du bewegst dich! Vorstellungsfähigkeit und Lernen durch Vorstellung Mentalem Training kommt beim motorischen Lernen eine hohe Bedeutung zu. Das Sich-Vorstellen einer Bewegung trägt nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen zum Lernen bei. Während die Wirksamkeit der Vorstellungstrainings durch Meta-Analysen belegt ist (Frank, Kluever, et al., 2023; Simonsmeier et al., 2021), werden einzelne Dimensionen der Vorstellungsfähigkeit vermehrt debattiert (Dahm, 2020). Zudem sind Lernmechanismen durch Vorstellung noch nicht vollständig geklärt (Frank, Kraeutner, et al., 2023). Ziel des Arbeitskreises ist es daher, unterschiedliche Perspektiven auf Vorstellungsfähigkeit und Lernen durch Vorstellung zu beleuchten, wobei sowohl kognitive als auch motorische in verschiedenen Altersgruppen diskutiert werden. So gibt der Arbeitskreis Einblicke in aktuelle Arbeiten zur Vorstellungsfähigkeit und zum Lernen durch Vorstellung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Im ersten Beitrag wird ein Vorschlag zur Testanpassung im Rahmen der Messung der Bewegungsvorstellungsfähigkeit bei jungen Erwachsenen präsentiert. Der zweite Beitrag thematisiert den Einfluss von Gehstützen auf die Bewegungsvorstellungsdauern bei Kindern und Jugendlichen. Der dritte Beitrag beleuchtet Lernen durch Vorstellung bei Kindern anhand einer Felduntersuchung zu Analogie-basiertem Vorstellungstraining. Eine Laboruntersuchung zum Quiet Eye beleuchtet den Einfluss eines dem praktischen Üben vorgeschalteten Vorstellungstrainings auf das Blickverhalten und die motorische Leistung. Der fünfte Beitrag nimmt Transfereffekte beim Sequenzlernen in den Blick nachdem Vorstellungstrainings mit visuellem oder kinästhetischem Fokus durchgeführt wurden. Die Beiträge werden anschließend vor dem Hintergrund von Entwicklungs- und Lerntheorien sowie aktueller Erklärungsansätze zum Lernen durch Vorstellung diskutiert. Beiträge des Arbeitskreises Anpassung des Tests zur Kontrollierbarkeit der Bewegungsvorstellungsfähigkeit für junge Erwachsene? Testverfahren bieten neben subjektiven Fragebögen eine vielversprechende Methode zur Untersuchung der Vorstellungsfähigkeit. Der Test zur Kontrollierbarkeit der Bewegungsvorstellungsfähigkeit bietet einen solchen Ansatz (TKBV; Schott, 2013). Stellt der Test bei älteren Erwachsenen oder Kindern ein geeignetes Hilfsmittel dar (Schott et al., 2021), so zeigt sich bei jüngeren Erwachsenen und vor allem Athleten eine mangelnde Differenzierungsmöglichkeit der Bewegungsvorstellungsfähigkeit (Madan & Singhal, 2014, TAMI; Wieland et al., 2022, TKBV). Die Testinstruktion des TKBV gibt vor, die vorgestellte Körperhaltung final in möglichst kurzer Zeit aktiv einzunehmen. Dabei wird zur Auswertung des Tests die Anzahl an korrekt eigenommenen Körperhaltungen als Score aufsummiert. Die zusätzliche Einbeziehung der Antwortzeit bis zur finalen Position in die Berechnung des Fähigkeitsmaßes könnte wie bei anderen kognitionspsychologischen Parametern eine geeignete Möglichkeit zur Anpassung des Testes für junge gesunde Erwachsene zur weiteren Differenzierung darstellen. Daher wurde mit 67 Sportstudierenden (24,7 ± 3,3 Jahre, 36 weiblich) der TKBV (freie Wiedergabe) durchgeführt und sowohl die Anzahl korrekter Antworten als auch die Antwortzeiten der zehn Items erhoben. Anhand dieser Daten wurde der inverse efficency score (IES; Antwortzeit/(1–Anzahl Fehler), der rate-correct score (RCS; Anzahl korrekter Antworten/Gesamtantwortzeit) sowie der linear speed-accuracy score (LISAS; Antwortzeit pro Item + Standardabweichung Gesamtantwortzeit / Standardabweichung Anzahl an Fehler * Anzahl Fehler pro Item) gebildet und visuell auf Normalverteilung überprüft. Die Studierenden nahmen im Mittel 44,3 (± 3,4) korrekte Körperhaltungen (von maximal 50) in aufsummiert 32,6 (± 13,5) Sekunden ein. Die berechneten Indexwerte betrugen 3,3 (± 1,9) für den IES, 1,6 (± 0,5) für den RCS sowie 4,2 (± 2,5) für den LISAS. Bei der Anzahl an korrekten Antworten konnte eine rechtsverschobene Verteilung mit einer Range von 36 bis 50 Punkten und einer im Vergleich zum Mittelwert geringen Standardabweichung (± 3,4) beobachtet werden. Die Werte des RCS reichen von 0,45 bis 2,91 mit einer Standardabweichung von ± 0,55. Beim RCS zeigte sich eine Normalverteilung der Daten, welche sowohl bei der Anzahl an korrekten Antworten als auch beim IES und LISAS nicht vorhanden war. Bei jungen Erwachsenen mit sportlichem Hintergrund zeigt sich somit ein Deckeneffekt bei der Anzahl an korrekten Antworten, welche durch die Einbeziehung der Antwortzeit in die Berechnung eines Bewegungsvorstellungskeitsscores reduziert werden kann. Die Berechnung des RCS scheint sich für die Verwendung bei jungen Erwachsenen zu eignen. Einfluss von Gehstützen auf die mentale Chronometrie beim Gehen – Eine Pilotstudie bei Kindern und jungen Erwachsenen Hilfsmittel wie Gehhilfen und Gehstützen werden Patienten häufig während der Physiotherapie zur Verfügung gestellt, um die Fortbewegung zu erleichtern. Die Nutzung von Gehhilfen und Gehstützen können jedoch zu erheblichen strukturellen und funktionellen Veränderungen im sensomotorischen System führen, die die Bewegungsvorstellungsfähigkeit (Motor Imagery, MI) des koordinierten Gehens beeinflussen können. So haben Studien bei Patienten mit orthopädischen Problemen gezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen motorischer Leistung und Bewegungsvorstellungsfähigkeit besteht (Korbus & Schott, 2022; Sacheli et al., 2018). In dieser Pilotstudie untersuchten wir die Auswirkungen von Gehstützen auf die zeitlichen Merkmale von MI (mentale Chronometrie, MC) bei Kindern und jungen Erwachsenen. Die Gehdauer von 25 Kindern (mittleres Alter=10.4 Jahre, SD=0.5, 14 Mädchen) und 25 jungen Erwachsenen (mittleres Alter=21.2 Jahre, SD=0.5, 12 Frauen) wurde in 12 Bedingungen aufgezeichnet: tatsächliches Gehen und vorgestelltes Gehen mit und ohne Gehstützen über Entfernungen von 5 m, 10 m und 15 m. Der konstante Fehler (CE) wurde darüber hinaus wie folgt berechnet: ((tatsächliche Gehzeit – imaginierte Gehzeit)/ ((tatsächliche Gehzeit + imaginierte Gehzeit))/2)*100. Eine ANOVA mit den Messwiederholungsfaktoren Strecke (5m, 10m, 15m), Gehstütze (mit, ohne) und Gehzeit (tatsächliche, vorgestellte) zeigte eine signifikante Interaktion Strecke x Gehstütze x Gehzeit x Altersgruppe, F(2, 92) = 5.20, p = .007, eta2p = .102. Junge Erwachsene zeigten zwar einen Anstieg in den Gehzeiten in Abhängigkeit von der Streckenlänge und der Nutzung der Gehstütze, allerdings nur geringfügige Unterschiede in den tatsächlichen und vorgestellten Zeiten. Im Unterschied dazu verkürzten die Kinder ihre Vorstellungszeiten in der Bedingung mit Gehstützen. Darüber hinaus verfehlte eine ANOVA für den CE knapp die Signifikanz für die Interaktion Stecke x Gehstütze x Altersgruppe, F(2, 96) = 2.45, p = .091, eta2p = .049, wobei Kinder sich nicht signifikant von den Erwachsenen in der Bedingung ohne Gehstützen, aber deutlich mit Gehstützen unterschieden. Der zeitliche Verlauf der Entwicklung über die Lebensspanne und die zugrundeliegenden Mechanismen der Bewegungsvorstellungsfähigkeit sind noch nicht ausreichend geklärt (Souto et al., 2020). In der sportwissenschaftlichen Literatur wurde jedoch berichtet, dass bei komplexen Ganzkörperaufgaben die zeitliche Vorstellungskraft schneller ist als die tatsächliche Leistung, was möglicherweise auf die Komplexität der geforderten motorischen Fertigkeit und die Erfahrung der beteiligten Teilnehmer zurückzuführen ist. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Novizen schnellere Zeitvorstellungen haben als Experten (Reed, 2002). Diese Ergebnisse scheinen mit den verkürzten Vorstellungszeiten bei den Kindern beim Gehen mit Gehstützen, einer ungewohnten Art der Fortbewegung, in Einklang zu stehen. Reale Gehbedingungen, z. B. Hindernislaufen, ältere und pathologische Personengruppen, umfassendere Bewertungen der Koordination wie auch die Arbeitsgedächtnisleistung, sollten in zukünftige Studien einbezogen werden. Mentales Training mit Kindern? Zum Einfluss von Vorstellungstraining mit Analogien auf das Bewegungslernen Dem regelmäßigen Sich-Vorstellen einer Bewegung ohne deren gleichzeitige Ausführung (Vorstellungstraining; VT) kommt eine hohe Bedeutung beim Bewegungslernen zu. Meta-Analysen zeigen, dass insbesondere die Kombination aus Ausführung und Vorstellung das Bewegungslernen nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen unterstützen kann (Frank et al., 2023; Simonsmeier et al., 2021). Während die Synthese der Effekte die Wirksamkeit für Kinder ab zehn Jahren untermauert, mangelt es bisher an empirischen Arbeiten mit Kindern unter zehn Jahren. So bleibt unklar, ob und unter welchen Bedingungen Vorstellungstraining bei Kindern unter zehn Jahren zu Bewegungslernen führen kann. Aus der Instruktionsforschung ist bekannt, dass Analogien sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern einen positiven Effekt auf das Bewegungslernen haben können (Meier et al., 2020). Ob sich jedoch Analogien als Vorstellungsinhalt beim VT positiv auf das Bewegungslernen bei Kindern auswirken, ist nicht bekannt. Ziel der Studie war es daher, die Wirkung eines auf Analogien basierenden VT im Rahmen des regulären Sportunterrichts der Primarstufe zu untersuchen. An der 6-wöchigen Feldstudie nahmen 7- bis 9-jährige Schülerinnen und Schüler aus 4 Klassen einer Grundschule in Niedersachsen teil. In Kleingruppen wurden verschiedene Übungen zum Schlagballweitwurf (Bewegungsfeld Laufen, Springen, Werfen; MWK, 2020) durchgeführt, entweder begleitet von Analogien oder expliziten Instruktionen, mit oder ohne Vorstellungstraining. Die 61 Kinder absolvierten jeweils 24 Würfe an 3 Übungstagen über einen Zeitraum von 1,5 Wochen. Vor und nach der Intervention sowie nach einem Behaltensintervall von 2 Wochen wurde die Bewegungsleistung über die Wurfweite erfasst. Separate 2 (Analogie vs. Explizit) x 2 (VT vs. kein VT) Varianzanalysen ergaben keine Unterschiede für relative Veränderungen der Wurfweite vom Vor- zum Retentionstest (Lernen) und vom Vor- zum Nachtest (Aneignung). Ein signifikanter Interaktionseffekt vom Nach- zum Retentionstest (Behalten), F(50,1) = 8.512, p = .005, ηp2 = .145, zeigt einen Anstieg der Wurfweite in der Vorstellungstrainings-Gruppe, die mittels Analogien übte, und einen Rückgang in der explizit instruierten Vorstellungstrainings-Gruppe. Die Ergebnisse deuten auf die Relevanz des Vorstellungsinhaltes hin: Kinder scheinen eher dann von Vorstellungstraining zu profitieren, wenn dieses mit Analogien und nicht explizit instruiert wird. Im Arbeitskreis werden diese Resultate unter Rückgriff auf Theorien des Vorstellungstrainings, Entwicklungsaspekten und in Bezug auf das Bewegungslernen unter den heterogenen Bedingungen des Sportunterrichts diskutiert. Beeinflusst ein Vorstellungstraining die Bewegungsplanung beim Lernen des Golfputts? Vorstellungstraining (VT) stellt im Sport eine etablierte, wirkungsvolle psychologische Trainingsmethode zur Unterstützung von motorischem Lernen dar (Simonsmeier et al., 2020). Lernen durch Vorstellung kann aus ideomotorischer Sicht mit perceptual-cognitive scaffolding erklärt werden (Frank et al., 2023). Demnach geht VT mittels der Antizipation quasi-perzeptueller Effekte mit der Verbesserung der Bewegungsplanung einher, jedoch nicht unbedingt mit der Verbesserung der Bewegungsleistung. Bisher liegen jedoch keine Befunde vor, die die Wirkung von VT auf Planung und Leistung zeigen. Die vorliegende Studie untersucht die Frage, welchen Einfluss ein dem physischen Üben vorgeschaltetes Vorstellungstraining auf die Planung sowie die Leistung einer komplexen Handlung (Golfputt) hat. 24 Novizen wurden einer mental und physisch trainierenden Gruppe (MT) und einer ausschließlich physisch trainierenden Kontrollgruppe (K) zugewiesen und in einem Prätest (T1), einem Zwischentest (T2), einem Posttest (T3) und einem Retentionstest (T4) getestet. Dabei wurde die Leistung als mittlere Abweichung vom Ziel und die Bewegungsplanung mittels Blickverhalten als finale Fixation vor Bewegungsbeginn (Quiet Eye; QE) gemessen. Zwischen T1 und T2 führte die MT-Gruppe im Gegensatz zur K-Gruppe an vier aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 3 x 20 vorgestellte Putts durch. Anschließend folgte für beide Gruppen zwischen T2 und T3 physisches Training an zwei Tagen mit jeweils 3 x 60 ausgeführten Putts. Die vorläufigen Daten wurden mittels Varianzanalysen mit Messwiederholung mit den Faktoren Testzeitpunkt und Gruppe ausgewertet. Die Analysen für das QE ergaben einen Haupteffekt für den Testzeitpunkt, F(1.75, 31.52) = 9.96, p = .001, ɳp2 = .36, jedoch keine Interaktion. Die Länge des QE nahm von T1 zu T2 (p = .015), sowie von T2 zu T3 (p = .014) signifikant zu, unterschied sich jedoch nicht zwischen T3 und T4. Eine explorative Varianzanalyse ergab eine Interaktion von Testzeitpunkt (zweiter Block T1 vs. erster Block T2) und Gruppe, die auf gleiche QE-Dauern der Gruppen am Ende von T1, aber längere QE-Dauern der MT-Gruppe zu Beginn von T2 basiert. Für die Leistung ergab sich ein Haupteffekt für den Testzeitpunkt, F(3, 57) = 30.68, p < .001, ɳp2 = .62, jedoch keine Interaktion. Post-hoc t-Tests zeigten signifikante Verbesserungen der Leistung von T1 zu T2 (p < .001) und von T2 zu T3 (p < .001), jedoch nicht von T3 zu T4. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass VT auf perzeptuell-kognitiver Ebene wirkt und mit der Verbesserung der Bewegungsplanung einhergeht. Nach mehrfacher tatsächlicher Ausführung der Bewegung gleichen sich die Gruppen jedoch wieder an. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund aktueller Theorien zum Bewegungslernen durch Vorstellung diskutiert. Bimanuelle Transfereffekte nach visuellen und kinästhetischen Vorstellungstrainings einer seriellen Reaktionszeitaufgabe Bei Vorstellungstrainings (VT) wird eine Bewegung gezielt mehrfach vorgestellt, um eine anschließende Bewegungsausführung zu optimieren. Die erlernten Repräsentationen der Bewegung können sich dabei zwischen VT und Ausführungstrainings (AT) unterscheiden. Zudem können bei VT diverse Modalitäten (z.B. Sehen, Hören, Fühlen etc.) einbezogen werden. Unter Zuhilfenahme des Crossed-hands Paradigmas wurde untersucht, ob sich die erlernten Repräsentationen bei einer seriellen Reaktionszeitaufgabe zwischen kinästhetischem VT und visuellem VT unterscheiden. 169 Versuchspersonen trainierten an zehn aufeinander folgenden Tagen in vier zufällig zugeteilten Gruppen entweder AT, kinästhetisches VT, visuelles VT, oder ein Kontrolltraining (KT). Vor und nach dem Training wurde die geübte Sequenz, eine Spiegelsequenz, eine verschobene Sequenz, eine verschobene Spiegelsequenz und eine zufällige Sequenz getestet, sowohl wie im Training als auch mit überkreuzten Händen. Reaktionszeiten und Fehlerraten wurden als linear-integrierter Speed-Accuracy Leistungsparameter zusammengefasst. Posthoc Vergleiche einer multifaktoriellen ANOVA ergaben keine sequenzspezifischen Lerneffekte in den Bedingungen mit überkreuzten Händen (d < .21). Entsprechend konnten selbst nach AT keine effektor-abhängigen Repräsentationen nachgewiesen werden. In den Tests mit nicht-überkreuzten Händen zeigte sich, dass sequenz-spezifische Repräsentationen in AT (d > 1) und VT erlernt wurden (d > .49), nicht aber im KT (d < .02). Das gleiche Bild zeigte sich auch im abschließenden Test zur freien Wiedergabe und Wiedererkennung der Sequenz. Die wahrgenommenen visuellen und kinästhetischen Repräsentationen unterschieden sich nicht signifikant zwischen visuellem VT stärker und kinästhetischem VT (d < .49). Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Bewegungsvorstellungen unabhängig von den Instruktionen meist mehrere Modalitäten (zumindest Sehen, Fühlen und Rhythmus) beinhalten, welche möglicherweise gemeinsam das motorische Lernen fördern. |
Datum: Freitag, 19.05.2023 | |
8:30 - 10:00 | AK07: Interpersonale Gewalt im Sport Ort: V 7.11 Chair der Sitzung: Alina Schäfer-Pels |
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Interpersonale Gewalt im Sport Das Auftreten interpersonaler Gewalt im Sport ist Prävalenzstudien zufolge weit verbreitet und ein etwa genauso häufiges Phänomen wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Um dem Auftreten interpersonaler Gewalt im Sport entgegenzuwirken und die Aufarbeitung zurückliegender Fälle zu fördern, sind in den letzten Jahren sowohl in der Forschungslandschaft als auch in der Praxis Projekte entstanden und Maßnahmen ergriffen wurden. Dieses Forschungssymposium hat zum Ziel, Einblicke in ausgewählte Projekte und Projektergebnisse aus der Forschung, teilweise mit der Schnittstelle zur Praxis, zu geben. Dabei wird der Fokus auf Prävalenzen, die Trainer*in-Athlet*in-Beziehung, die Aufarbeitung sowie die Implementierung von Präventionskonzepten in die Praxis gelegt. (1) Der Beitrag von Greither et al. beschäftigt sich mit der Prävalenz interpersoneller Gewalt im Breiten- und Vereinssport, da in diesem Bereich bislang spezifische Kennzahlen fehlen. Die Ergebnisse der Querschnittsbefragung belegen, dass interpersonelle Gewalt in Sportvereinen verbreitet auftritt und ein Großteil der Sportler*innen (70%) diese mindestens einmal im Verein erlebt. Auf Basis der Studie können evidenzbasierte Maßnahmen zur Prävention entwickelt und bestehende Konzepte verbessert werden. (2) In dem Beitrag von Schäfer-Pels et al. wird der Frage nachgegangen, ob emotionale Nähe in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung Rollendiffusion erklären kann. Die Ergebnisse belegen, dass emotionale Nähe insbesondere zur Varianzaufklärung hinsichtlich der Einflussnahme von Trainer*innen auch außerhalb des Sportkontexts sowie zu Grenzüberschreitungen beitragen kann. (3) Der Beitrag von Wahnschaffe-Waldhoff et al. stellt den Aspekt der Aufarbeitung betroffener Personen von sexualisierter Gewalt im Sport in den Fokus. Es werden die Ergebnisse einer umfangreichen qualitativen Studie präsentiert. Diese zeigen unter anderem, dass Erfahrungen sexualisierter Gewalt aus individuell-biografischer Perspektive vielfältige gewaltbegünstigende Lebensumstände vorangehen sowie verschiedenste persönliche Folgen identifiziert werden können. (4) Der Beitrag von Schmitz et al. präsentiert das Projekt »Safe Clubs«. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Prävention von interpersonaler Gewalt in Sportvereinen ganzheitlich zu verbessern, indem die Bereiche Analyse, Prävention und Intervention im Kinder- und Jugendschutz abgedeckt werden. Im Anschluss an eine Beschreibung des Gesamtprojektes werden zwei Teilprojekte detaillierter beschrieben. Diese haben zum Ziel, in Sportvereinen eine Kultur des Hinsehens zu etablieren und das Empowerment von Sportler*innen durch Interventionen mit allen Akteursgruppen in Sportvereinen zu stärken. Erste Ergebnisse dieses Projektes werden im Rahmen des Beitrags vorgestellt. (5) Staufenbiel et al. liefern einen Beitrag dazu, wie Sportorganisationen interpersonaler Gewalt (präventiv) begegnen können und stellt den gesamtverbandlichen Kultur- und Strukturwandelprozess „Leistung mit Respekt“ im Deutschen Turner-Bund vor. Neben dem Aufbau, der Vorgehensweise und den Learnings des Prozesses werden auch die Ergebnisse einer Befragung unter Athlet*innen, Trainer*innen, Eltern und Funktionär*innen dargestellt. Beiträge des Arbeitskreises „SicherImSport“ - Interpersonale Gewalt im organisierten Sport: Häufigkeiten und Formen Begleitet von erhöhter medialer Aufmerksamkeit und unterstützt von Forderungen bekannter Athlet*innen rückte das Thema Schutz vor Gewalt im Sport in jüngster Zeit vermehrt in den Fokus. Wie die Studie „SafeSport“ (Rulofs et al., 2016, Ohlert et al., 2020) zeigte, sind Erfahrungen interpersonaler Gewalt im Leistungssport weit verbreitet: 87% der befragten Kadersportler*innen berichteten von psychischer Gewalt, 29% von physischer und 37% sexualisierter Gewalt. Die Vorkommnisse spielen sich häufig in Sportvereinen ab, welche wiederum meist nicht ausreichend für das Thema aktiviert sind und bislang wenige Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt umsetzen (Rulofs et al., 2016). Gerade in Sportvereinen, welche die Basis des deutschen Sportsystems bilden, ist der Schutz vor Gewalt von besonderer Relevanz, bieten sie doch zahlreichen Kindern und Jugendlichen Freizeit-, Bewegungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Ziel der Studie „SicherImSport“ ist daher, das Ausmaß von (sexualisierten) Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt im vereinsorganisierten Breitensport zu erforschen. Damit soll die Forschungslücke in Bezug auf die Prävalenz von interpersoneller Gewalt im Breitensport geschlossen werden. Zudem wird dabei auch den Fragen nachgegangen, inwiefern die unterschiedlichen Gewaltformen, z.B. psychische und körperliche Gewalt, miteinander verbunden sind und in welchen Settings und Konstellationen Gewalt auftritt. Mit Unterstützung von elf Landessportbünden wurden aktive und ehemalige Sportvereinsmitglieder aus Deutschland rekrutiert, welche an einer Online-Querschnittsbefragung teilnahmen (N = 4.367). Die Befragung umfasste Fragen zu Erfahrungen interpersonaler Gewalt (psychische, physische, sexualisierte Gewalt, Vernachlässigung) jeweils innerhalb und außerhalb des Sportkontexts, sowie Fragen zum Kontext der Erfahrungen. 70% der Befragten geben an, dass sie mindestens einmal eine Form interpersonaler Gewalt im Sport erlebt haben. Die am häufigsten berichtete Gewaltform ist psychische Gewalt (64%), gefolgt von physischer Gewalt (37%), sexualisierter Gewalt ohne (26%) bzw. mit Körperkontakt (19%) und Vernachlässigung (15%). Die Gewaltformen treten weithin überlappend auf und häufig werden mehrere Gewaltformen erfahren. Erfahrungen innerhalb und außerhalb des Sports überschneiden sich ebenso stark: Die Mehrheit der Befragten, die interpersonelle Gewalt im Vereinssport erlebt haben, erlebte diese auch außerhalb des Vereinssports. Die Ergebnisse verdeutlichen die Wichtigkeit des Schutzes vor Gewalt in allen Bereichen des organisierten Sportes bis hinein in den Breitensport. Eine gesamtheitliche Strategie zur Prävention sollte alle Formen interpersonaler Gewalt aufgreifen und nicht auf einzelne Aspekte wie sexualisierte Gewalt fokussieren. Weiterhin ist die sportspezifische Betrachtung des Kontexts interpersonaler Gewalt bedeutsam zur Differenzierung der Erfahrungen. Auf Basis der Ergebnisse können Präventions- und Interventionsstrategien für Sportvereine zielgerichtet entwickelt und angepasst werden, sodass diese zukünftig besser wahrgenommen und genutzt werden. Emotionale Nähe und Rollendiffusion in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung Betrachtet man die Beziehung von Trainer*in und Athlet*in wird deutlich, dass ungleiche Machtverhältnisse vorliegen (Vertommen, 2016), da Trainer*innen beispielsweise über die Wettkampfteilnahme bestimmen und das Trainings- und Wettkampflima maßgeblich beeinflussen. Es ist bekannt, dass ungleiche Machtverhältnisse die Entstehung sexualisierter Gewalt begünstigen können (Roberts, Sojo, & Grant, 2020). Trotz ungleicher Machtverhältnisse schreiben Athlet*innen, die sexualisierte Gewalt durch ihre/ihren Trainer*in erfahren haben, der Beziehung zu Trainer*innen eine große emotionale Nähe zu und vergleichen diese mit ihrer Beziehung zur ihren Eltern (Gaedicke et al., 2021). Emotionale Nähe wird, laut des 3+1C’s-Modells (Jowett, 2007), neben Koorientierung, Komplementarität und der Intention, die Beziehung aufrecht zu erhalten, als ein zentraler Faktor in Trainer*in-Athlet*in-Beziehungen gesehen. Aktuelle Studien, die auf diesem Modell basieren, belegen, dass emotionale Nähe in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung positiv mit z.B. dem psychologische Wohlbefinden (Simons and Bird, 2022) oder der Gruppenkohäsion (Freire et al., 2022) zusammenhängen. Anderseits zeigt die Literaturlage, dass eine große emotionale Nähe das Risiko mit sich bringt, dass Grenzen innerhalb von Beziehungen verwischen (Schmid et al., 2015) und es zur Rollendiffusion kommt. Rollendiffusion ist dadurch gekennzeichnet, dass die/der Trainer*in z.B. auch auf andere Kontexte als den Sportkontext von Athlet*innen Einfluss nimmt, grenzüberschreitendes Verhalten zeigt und/oder eine sehr autoritäre Position verlangt. Mittels der vorliegenden Untersuchung soll überprüft werden, ob emotionale Nähe in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung Rollendiffusion erklären kann. Zur Überprüfung wurden 654 Athlet*innen (Geschlecht: 62% weiblich; Alter: M = 20.8 Jahre, SD = 6.68) zur emotionalen Nähe in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung (CARTQ; Schäfer & Ohlert, 2020) sowie zur Rollendiffusion der/des eigenen Trainer*in (per EFA analysierte neu konstruierte Items; Faktoren: außerhalb des Sports, Autorität, Grenzüberschreitung) befragt. Die Ergebnisse von drei linearen Regressionsanalysen zeigen, dass emotionale Nähe (UV) signifikant zur Varianzaufklärung hinsichtlich der Rollendiffusion außerhalb des Sports (R² = .152, F(1,650) = 116.66, p < .001) sowie Grenzüberschreitungen (R² = .047, F(1,651) = 31.92, p < .001) beiträgt. Zur Rollendiffusion-Autorität zeigt sich kein signifikantes Ergebnis (R² = .005, F(1,652) = 3.60, p = .058). Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass emotionale Nähe insbesondere eine Rolle dafür spielen könnte, dass Trainer*innen über ihren eigentlichen Handlungskontext hinaus agieren sowie, dass Grenzen in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung verwischen können. Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu betrachten, da sie keine Rückschlüsse auf Kausalzusammenhänge zulassen und ausschließlich die Perspektive der Athlet*innen berücksichtigt wird. Mit Blick auf die Praxis können die Ergebnisse einen Beitrag zur Sensibilisierung für klare Rollendefinitionen und Grenzen in der Trainer*in-Athlet*in-Beziehung liefern. Sexualisierte Gewalt im Kontext des Sports – Analyse der Anhörungen der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs In Deutschland gehört Sport zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen. Etwa 50 % der Mädchen und 60 % der Jungen sind Mitglied in einem Sportverein (Gerlach & Hermann 2015). Hinzu kommt die Nutzung kommerzieller Sportangebote, die sich bei Jugendlichen wachsender Beliebtheit erfreuen (Thieme 2015). Sportliche Kontexte stellen für Heranwachsende bedeutsame Lebensbereiche dar, in denen sie wichtige Sozialisationserfahrungen machen sowie Förderung in ihrer körperlichen und motorischen Entwicklung erfahren. Umso erschütternder wirken sich in diesem von Gemeinschaft, Nähe und Vertrauen geprägten Kontext sexualisierte Missbrauchserfahrungen auf die Lebensverläufe Betroffener aus. Um diese Erfahrungen einzuholen hat die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs Betroffene sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aufgerufen, von der ihnen widerfahrenen Gewalt zu berichten. Es wurden Betroffene angehört, die Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt im Freizeit-, Leistungs- und im Schulsport gemacht haben. Das Forschungsteam hat 72 vertrauliche Anhörungen und Berichte von erwachsenen Personen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt im Sport erfahren haben und die von speziell geschulten Anhörungsbeauftragten der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs durchgeführt wurden, qualitativ ausgewertet. Dabei wurde eine inhaltlich-strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) durchgeführt, die durch Verfahrensschritte der dokumentarischen Methode nach Bohnsack (2003), wie die komparative Sequenzanalyse einzelner Sinnabschnitte (Bohnsack & Nohl 2001) und eine Typenbildung (Bohnsack 2001) ergänzt wurde. Außerdem wurde ein partizipativer Ansatz verfolgt, der die Perspektive Betroffener in den Forschungsprozess einbezieht. Die Rekonstruktion der Gewalterfahrungen aus der individuell-biografischen Perspektive Betroffener zeigt unter anderem eindrücklich auf, wie einschneidend, lebensverändernd und belastend die Gewalt erfahren wird. Als Gewalt begünstigende persönliche Lebensumstände können familiäre Verhältnisse, in denen sich Kinder und Jugendliche kaum anvertrauen können, identifiziert werden. Die Folgen der sexualisierten Gewalterfahrungen für die Biografien der Betroffenen sind vielfältig. Fokussiert werden soll besonders auf empfundene Scham- und Schuldgefühle sowie auf die Folgen für die sportbezogene Biografie, die gravierend sind und häufig in einem Dropout enden. Die Erfahrungen von sexualisierter Gewalt im Sport stehen, wie die Analyse der vertraulichen Anhörungen zeigt, im krassen Widerspruch zum Heilsversprechen des Sports. Den Opfern entstehen durch die Taten lebenslange Schäden an Gesundheit, Wohlbefinden und Teilhabe am Sport sowie am gesellschaftlichen Leben. »Safe Clubs«: Entwicklung und Evaluation von Empowerment-Workshops zur Prävention von interpersonaler und sexualisierter Gewalt in Sportvereinen In den vergangenen Jahren wurden in mehreren Studien hohe Prävalenzen von interpersonaler Gewalt im Sport nachgewiesen (z.B. "Sicher im Sport" von Rulofs et al., 2022). Insbesondere der Sportverein ist der am häufigsten genannte Kontext für Gewalterfahrungen. So betonen beispielsweise Allroggen et al. (2016), dass die Schaffung einer „Kultur des Hinsehens“ in Sportvereinen und das Empowerment von Sportler*innen dazu beitragen können, diese vor Gewalt zu schützen. Nach Wolff (2015) kann sich ein kultureller Wandel in einer Organisation nur entfalten, wenn möglichst alle Ebenen und Akteur*innen einer Organisation beteiligt sind. Das Projekt »Safe Clubs« greift diese Erkenntnisse auf und gliedert sich in fünf Teilprojekte, die die Bereiche Analyse, Prävention und Intervention im Kinder- und Jugendschutz abdecken. Teilprojekt 1 befasst sich mit der Durchführung von Vereinsanalysen sowie der Entwicklung organisatorischer Schutzprozesse. Teilprojekte 2 und 3 befassen sich mit der ganzheitlichen Verbesserung der Prävention von interpersonaler Gewalt in Sportvereinen, indem eine Kultur des Hinsehens eingeführt und Sportler*innen durch Interventionen mit allen Beteiligten in Sportvereinen gestärkt werden. Teilprojekt 4 fokussiert sich auf die Vermittlung konkreter Handlungskompetenz bei Verdachts-/Vorfällen für die Ansprechpersonen im Kinderschutz. Im fünften Teilprojekt werden konkrete Transferprodukte entwickelt, die bei Projektende allen Sportvereinen in Deutschland zur Verfügung gestellt werden. In diesem Beitrag wird nur auf Teilprojekte 2 und 3 eingegangen, in denen Workshopkonzepte für (a) alle Erwachsenen im Vereinskontext, (b) nur Trainer*innen und für (c) Sportler*innen entwickelt werden. Workshop (a) richtet sich hierbei z.B. an Vorstandsmitglieder, Eltern, Trainer*innen oder Physiotherapeut*innen und fokussiert sich auf die Wissensvermittlung, die Vermittlung eines Handlungsleitfadens, sollte man eine grenzüberschreitende Situation als passive Person beobachten, sowie die gemeinsame Schaffung einer Kultur des Hinsehens. Workshops (b) haben zum Ziel, das Empowerment der Sportler*innen zu verbessern. Um einen kulturellen Wandel zu unterstützen, beschäftigen sich die Workshops auf die Umsetzung eines Empowerment-stärkenden Trainingsklimas. Diese Intervention beabsichtigt eine Verhaltensänderung hin zu mehr Empowerment-stärkenden Strategien im Training, da diese als Schutzfaktor gegen interpersonale Gewalt dienen können (Ohlert et al., 2022). Schließlich sollen (c) Empowerment-stärkende Workshops für Sportler*innen Gelegenheiten bieten, eigene Grenzen zu erkunden, zu stärken und zu kommunizieren sowie Unterstützungsangebote kennen zu lernen, wenn verdächtige Situationen beobachtet oder selbst erlebt werden. Alle Experimental- und Kontrollgruppen füllen Fragebögen aus, die das Erreichen der Workshop-spezifischen Ziele sowie die subjektive Wahrnehmung der Kultur des Hinsehens im jeweiligen Verein evaluieren. Zur Auswertung der Daten werden (multivariate) Varianzanalysen und Korrelationsanalysen durchgeführt. Implikationen der Ergebnisse für die Prävention von interpersoneller Gewalt in Sportvereinen werden vorgestellt und diskutiert. Psychische Gewalt und Change Prozesse in Sportorganisationen Insbesondere im Turnsport löst die 2020 veröffentlichte Netflix-Dokumentation "Athlete A" über den Missbrauchsskandal um den US-amerikanischen Teamarzt Larry Nassar im Juni 2020 eine öffentliche Debatte über die Trainingskultur im Spitzensport aus. Studien (z.B. »Safe Sport Studie«; Ohlert et al., 2021; Ohlert et al., 2017; Rulofs et al., 2017) und nationale, sowie internationale Schilderungen von Betroffenen zeigen, dass Vorfälle von Gewalt im Sport keine Einzelfälle sind. Ende November 2020 äußerten sich im Magazin "Der Spiegel" deutsche Turnerinnen öffentlich zu Trainingsmethoden und Umgangsformen und erhoben schwere Vorwürfe der Ausübung psychischer Gewalt sowie der Abgabe von Medikamenten ohne ärztliches Rezept (Windmann, 2020). Durch eine durch das DTB-Präsidium eingesetzte unabhängige Untersuchung wurden die in den Medien erhobenen Vorwürfe bestätigt. Neben sportpolitischen Forderungen (u.a. Einrichtung eines Safe Sport Zentrums) entschied der DTB einen gesamtverbandlichen den Kultur- Strukturwandelprozess „Leistung mit Respekt“ durchzuführen (Deutscher Turner-Bund, 2021a). Dieser Beitrag stellt den Aufbau, die Vorgehensweise, die Ergebnisse und die Learnings des Change Prozesses vor. Dabei werden auch die Ergebnisse einer Befragung unter Athlet*innen, Trainer*innen, Eltern und Funktionär*innen präsentiert (Ohlert, 2022). |
12:45 - 14:00 | AK12: Kognition und Motorik I Ort: V 7.11 Chair der Sitzung: Iris Güldenpenning, Uni Paderborn |
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Response inhibition for the basketball pump fake Paderborn University For a flexible control of action, a defensive basketball player, for example, needs to inhibit the blocking action, if the attacking player performs a pump fake and only pretends to shoot. Given the high success rate of shot fakes in the NBA (Meyer et al., 2022), the question arises, up to which point in time the defensive blocking action can be inhibited. To answer this question, the anticipation experiment of Slater-Hammel (1960) was transferred to a basketball-specific situation. After calculating the sample size with G.Power 3.1.9.7 (Faul et al., 2007), a computer-based experiment was conducted on 27 participants (11 female, 16 males, Mage = 22,26) to investigate the response inhibition for the basketball pump fake. A video of a basketball jump shot (front view perspective) was presented in three blocks of 200 trials each. Participants were instructed to release the spacebar as precisely as possible at the point, where the ball leaves the fingertips (go-trials). In 25% of all trials, however, the video stopped prematurely before the point of ball release and the participants were told to withhold their response (stop-trial). To adjust the time interval (i.e., temporal delay) between the premature stop and the point of ball release, a staircase tracking algorithm based on participants performance was used. The time interval became larger if the participants could not withhold their response and, vice versa, smaller if they were successful. Results show that participants could withhold their responses in 50% of the stop-trials when the stop occurred between 183–200 ms before the point of ball release. For go-trials, the results of response accuracy showed a constant error of 23 ms. Furthermore, post-stop-trial adjustments after successful and unsuccessful inhibitions influenced the response accuracy (i.e., larger constant error, F(2, 48) = 20.289; p < .001; ɳp2 = .45). Moreover, anticipation performance benefited from practice across the three blocks (F(2, 48) = 15.974; p < .001; ɳp2 = .40). Together, the results show that participants were not able to inhibit their response for the basketball pump fake once the time interval to ball release is 183 ms or smaller. To investigate the influence of response complexity on response inhibition, further experiments should use real-world basketball scenarios. The influence of effort instructions on the production of head fakes in basketball 1Paderborn University, Germany; 2University of Wuerzburg, Germany Several studies have shown that head fakes in basketball deteriorate performance on the side of the observer (cf. Güldenpenning et al., 2017 for a review). However, little is known about potential costs head fakes might provoke at the side of the producer (so-called head-fake production costs). Previous experiments could show that passes with head fake led to higher initiation times and error rates than passes without head fake when participants had no or only little time (interstimulus interval (ISI): 0ms, 400ms or 800ms) to mentally prepare the movement (Güldenpenning et al., 2023). When participants had time to prepare the head fake (ISI: 1200ms) no differences to passes without head fakes could be found. This study addresses the question whether the production costs of head fakes can be modified when using effort instructions (asking participants to try harder in the following trial). Such potential changes in performance are based on the assumption, that the cognitive capacity that is available in a basic task is not fully used for the ongoing process, but a part is used for monitoring processes (e.g., observing the environment), and, if needed, more capacity can be willingly devoted to the task (Kahneman, 1973). 36 Participants (14 female, mean age = 22.3y ± 2.4) were asked to perform passes with or without head fakes with ISIs of either 0ms, 500ms or 1000ms (counterbalanced). In line with previous research (Steinborn et al., 2017), we presented effort instructions (“Effort!”) in 20% of all trials at the start of the trial. In the remaining 80% of trials, a standard instruction (“Standard”) is presented. The results indicate that the use of effort instructions did not modulate the fake production costs but led to a general reduction of the initiation time compared to standard instructions (447 ms vs. 462 ms, F(1,35) = 25.43; p < .001; ɳp2 = .42), as well as to a general reduction of movement times (323 ms vs. 338 ms, F(1,35) = 12.11; p = .001; ɳp2 = .25). These findings suggest that the use of effort instructions can shortly improve athletes’ performance by allocating cognitive resources to a given task, shown by a reduction of initiation and movement times following an effort instruction compared to standard instructions. The results will be discussed with regard to possible implications for sports practice. Der Einfluss von kognitiver Belastung auf den Blicktäuschungseffekt im Basketball 1Universität Paderborn, Deutschland; 2Universität Würzburg, Deutschland Bei der Blicktäuschung im Basketball richtet ein angreifender Spieler seinen Kopf in eine Richtung, passt den Ball jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Die Darbietung der irrelevanten Richtungsinformation (Kopforientierung; vgl. Weigelt et al., 2020) führt bei dem Verteidiger zu einem Verarbeitungskonflikt, und die Reaktionen sind langsamer und fehleranfälliger als bei einem Pass ohne Blicktäuschung (sog. Blicktäuschungseffekt; Kunde et al., 2011). Ein gewisses Maß an Kontrolle über die Blicktäuschung kann durch eine gezielte Ausrichtung der Aufmerksamkeit (d.h., der Fokus wird auf die Passrichtung gelenkt) erreicht werden (Güldenpenning et al., 2020). Das System zur Kontrolle der Aufmerksamkeit ist jedoch auf das Arbeitsgedächtnis angewiesen (Baddeley, 1986). Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob sich eine Beanspruchung der begrenzten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses auf Prozesse der selektiven Aufmerksamkeit auswirkt und somit den Effekt einer Blicktäuschung moduliert. Zur Untersuchung dieser Fragestellung nahmen 19 Versuchspersonen ohne Basketballexpertise (13 weibliche, 6 männliche, MAlter = 22.8) an einem Laborexperiment teil, bei dem sie die Passrichtung (links/rechts) eines in einem Video dargebotenen Basketballspielers durch das Drücken eines Buzzers (links/rechts) schnellstmöglich klassifizieren mussten. In der Hälfte der Versuchsdurchgänge trat ein Pass mit Blicktäuschung auf. In einem von zwei Experimentalblöcken mussten die Teilnehmenden bei 1000 beginnend in Dreierschritten rückwärtszählen, während sie auf die Pässe des Basketballspielers reagierten. Um die Zählleistung der Teilnehmenden zu kontrollieren, erschien auf dem Bildschirm in zufälliger Reihenfolge in 10% der Versuchsdurchgänge die Anweisung, die aktuelle Zahl zu nennen. Eine Varianzanalyse der Reaktionszeiten ergab eine Interaktion zwischen der Art des Passes (Pass mit Blicktäuschung vs. Pass ohne Blicktäuschung) und der kognitiven Belastung (ohne kognitive Belastung vs. mit kognitiver Belastung), F(1, 18) = 7.76, p = .012, ɳp2 = .301. Der Blicktäuschungseffekt war ohne kognitive Belastung (M = 58 ms) signifikant größer als mit kognitiver Belastung (M = 46 ms), t(18) = 2.79, p = .012, d = 0.63. Mit dem Specialized Load Account (Park et al., 2007) kann das vorliegende Ergebnis interpretiert werden. Diesem Ansatz zufolge kann die kognitive Belastung zwei Effekte haben, nämlich einerseits die Beeinträchtigung der Verarbeitung des relevanten Merkmals (hier: der Passrichtung), wodurch Interferenzeffekte zunehmen, oder andererseits die Beeinträchtigung des irrelevanten Merkmals (hier: der Kopforientierung), wodurch Interferenzeffekte abnehmen. In der vorliegenden Studie hat die kognitive Belastung offensichtlich die Verarbeitung der Kopforientierung beeinträchtigt, wodurch der Blicktäuschungseffekt abnahm. Es ist die Aufgabe zukünftiger Forschung zu evaluieren, unter welchen Bedingungen die Verarbeitung der Passrichtung und unter welchen Bedingungen die Verarbeitung der Kopforientierung beeinflusst wird. Erst dann können Empfehlungen für die Praxis abgeleitet werden. Sequenzentscheidungen im Beachvolleyball – ein Projektbericht über die Verwendung von Basisraten und der Hot Hand 1Deutsche Sporthochschule Köln, Deutschland; 2Technische Universität München, Deutschland In der Sportart Beachvolleyball startet jeder einzelne Punkt mit einem Aufschlag und bei jedem Aufschlag müssen sich Athlet:innen die Frage stellen: Schlage ich den Ball zu Spieler:in A oder Spieler:in B auf? Eine Entscheidungshilfe für diese Frage könnte der heuristische Rahmen einer Hot Hand sein, d. h. die Annahme, dass Spieler:innen nach zwei oder drei Treffern eine höhere Chance haben zu punkten als nach zwei oder drei Fehlschlägen. Dieser heuristische Rahmen kann Entscheidungen mit Hilfe von Faustregeln erklären, wie z. B. ob Beachvolleyballspieler:innen zu Beginn des Ballwechsels auf Spieler:in A oder B aufschlagen sollten. Das Ziel unseres Projektes ist es, deutschen Kaderathlet:innen Faustregeln an die Hand zu geben, die erfolgsversprechend sind und sie während des Spiels entlasten. Eine Grundannahme dieser Faustregeln ist allerdings zunächst, dass Athlet:innen gegnerische Basisraten sensibel wahrnehmen können. Ein vorhergehendes Paper dieser Forschungsreihe fand in einer theoretischen Leistungsanalyse von 1347 Beachvolleyball-Spielen, dass ab einem Basisratenunterschied von 25 Prozent zwischen den Athlet:innen die Aufschlagsstrategie angepasst wird. In einem ersten Schritt wurde deshalb ein Experiment mit 35 deutschen Kadersportler:innen durchgeführt, bei dem sechs simulierte Spiele mit jeweils 32 realen Ballwechseln aus den Olympischen Spielen in Tokio gezeigt wurden. Nach der Beobachtung sollen die Athlet:innen erkennen, welche Spieler:innen eine niedrigere Basisrate haben, damit diese im realen Wettkampf angespielt werden können. Erste Auswertungen der Daten zeigen, dass deutsche Top-Athlet:innen Basisratenunterschiede von bis zu 12,5 Prozent erkennen können. Im nächsten Schritt wurde getestet, ob die Athlet:innen auf Hot Hand Sequenzen reagieren. Für die Sportart Volleyball konnte gezeigt werden, dass beobachtende Athlet:innen mehr auf die Hot Hand reagieren als auf die Basisrate. In dem aktuellen Experiment wurden denselben Beachvolleyballathlet:innen weitere Situationen präsentiert, in denen entweder Hot Hand Sequenzen oder randomisierte Sequenzen vorliegen. Die Athlet:innen schätzen erneut die Basisraten und beantworten anschließend in einem Fragebogen, wie ihre Einstellungen und Wahrnehmungen gegenüber der Hot Hand sind. In einer vorhergehenden Interview-Studie mit deutschen Nationalcoaches gaben 66 Prozent an, dass sie an das Hot Hand Phänomen glaubten. Zusammengefasst bewerten wir in dieser Studie, wie sensibel Athlet:innen bei der Erkennung von Basisratenunterschieden und -veränderungen sind, ob sie diese Basisraten verwenden, um Verteilungsentscheidungen im Beachvolleyball zu treffen oder ob sie darüber hinaus den heuristischen Rahmen der Hot Hand für ihre Entscheidung nutzen. Zum aktuellen Zeitpunkt sind etwa drei Viertel aller Kaderathlet:innen getestet und bis zur Konferenz im Mai werden die Testungen abgeschlossen sein und wir werden die Ergebnisse der Studie präsentieren und diskutieren können. Auditive Informationen und Antizipation im Tennis: Einflüsse von Aufgabentyp und Zeitdruck Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland Während der Einfluss visueller Informationen auf Antizipationsprozesse als gesichert gelten kann (für einen Überblick siehe z.B. Loffing & Cañal-Bruland, 2017), ist die Rolle anderer Modalitäten bisher vergleichsweise wenig beachtet worden. Allerdings zeigten erste Arbeiten am Beispiel von Volleyballaufschlägen (Sors et al., 2017) auch den Einfluss auditiver Informationen auf die Schätzung der Ballgeschwindigkeit. Auch im Tennis zeigt sich der Einfluss systematischer Manipulation der Lautstärke des Schläger-Ball-Kontaktes (Cañal-Bruland et al., 2018) oder des schlagbegleitenden Stöhnens (Müller et al., 2019) auf die Antizipation des Ballflugs. Lautere Geräusche führten zu länger eingeschätzten Bällen. Allen diese Untersuchungen gemein ist jedoch der Umstand, dass die Antizipationsaufgaben ohne den in der Realität typischen Zeitdruck absolviert wurden. |
Datum: Samstag, 20.05.2023 | |
9:00 - 10:00 | AK23: Gesundheit Ort: V 7.11 Chair der Sitzung: Kathrin Wunsch, Karlsruher Institut für Technologie |
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Projekt „Wendepunkt“ – Niederschwellige Angebote für mentale Gesundheit im Spitzensport durch das ÖBS ÖBS Sportpsychologisches Kompetenzzentrum, Wien Durch die mediale Präsenz von mentalen Gesundheitsproblemen von aktiven Spitzensportler:innen ist das Thema psychische Gesundheit mehr und mehr in den Fokus einer ganzheitlichen sportpsychologischen Versorgung gerückt. Mentale Stärke wird nicht mehr mit mentaler Gesundheit gleichgesetzt und es wird für die Betroffenen leichter, Symptome anzusprechen. Dennoch ist es noch ein langer Weg der Entstigmatisierung und Enttabuisierung von psychischen Symptomen und Erkrankungen im Bereich des Spitzensports, wo jeder glänzen und stark sein will oder muss. Das Projekt „Wendepunkt“ des Österreichischen Bundesnetzwerk Sportpsychologie versucht hier seit 2021, niederschwellige Unterstützung durch Sensibilisierung und geförderte Krisenberatung anzubieten. Die Sensibilisierung erfolgt durch österreichweite Trainer:innenfortbildungen und Wissensvermittlung an Athlet:innen über Fördereinrichtungen. Für die Krisenberatung können sich Athlet:innen und Trainer:innen vertraulich an die ÖBS-Beratungsstellen wenden, wo im Erstkontakt der Bedarf erhoben wird und dann an ein:e Berater:in weitervermittelt wird. Studien (Gulliver et al., 2012) zeigen, dass es eine wichtige Voraussetzung in der Versorgung von Spitzensportler:innen rund um mentale Gesundheit ist, niederschwellige, geförderte, zeitlich und örtlich flexible Angebote durch sportvertraute Expert:innen bereitzustellen. Das Projekt „Wendepunkt“ bietet Nachwuchs- und Kaderathlet:innen und deren Trainer:innen geförderte Krisenberatung durch qualifizierte klinische Sportpsycholog:innen und Sportpsychotherapeut:innen an, um kurzfristig Entlastung, Orientierung und Stabilisierung in einer psychischen Krise zu finden. Sämtliche Situationen, wo Sportkarrieren einen Wendepunkt erreichen und der/die betroffene Sportler:in sich damit überfordert fühlt, können Anlass für die Krisenberatung sein. Das Projekt beschreibt aktuell ein Versorgungsmodell, welches in Hinblick auf die Prävention ausgewertet wird. Sport studieren heißt gesund agieren? Schmerzmitteleinnahme und „Health Literacy“ bei Sportstudierenden Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland In einer Studie mit 865 Sportstudierenden im deutschsprachigen Raum konnte gezeigt werden, dass vor fünf Jahren mehr als 56 % Schmerzmittel einnahmen (Bumann et al., 2020). Das Ausmaß ist somit vergleichbar mit der Schmerzmitteleinnahme von Profifußballer:innen (54 %) im Turnierkontext (Leyk et al., 2023). Betrachtet man die Schmerzmitteleinnahme von Sportstudierenden aus der Perspektive von Studienergebnissen, die eine höhere Health Literacy (HL) bei sportlich aktiven gegenüber inaktiven Studierenden ausweisen (Göring & Rudolph, 2015), erscheint die Schmerzmitteleinnahme im Sportstudium zunächst höher zu sein, als ihre angenommene HL erwarten ließe. HL, d. h. die Kompetenz, das Wissen, die Motivation und das Handeln mit gesundheitsbezogenen Informationen beginnt am Beispiel Schmerzmittel mit dem Verständnis, wie man sich über Schmerzmittel informiert und reicht bis zu einer reflektierten Entscheidung, die mit einer reduzierten Schmerzmitteleinnahme einhergehen sollte (vgl. Sørensen et al., 2012). Dennoch scheinen insbesondere sportpraktische Prüfungen eine erhöhte Schmerzmitteleinnahme zu begünstigen (Bumann et al., 2020). Der Beitrag prüft die aktuelle Schmerzmitteleinnahme bei Sportstudierenden im Kontext sportpraktischer Prüfungen unter Berücksichtigung des angenommenen Zusammenhangs mit HL. Die Datenerhebung erfolgte als Online-Umfrage mittels LimeSurvey im November 2022 und fokussierte auf Sportstudierende, die im letzten und vorletzten Semester an sportpraktischen Prüfungen teilgenommen hatten. Die Umfrage umfasste die Schmerzmitteleinnahme, die Einschätzung von Nebenwirkungen sowie die HL der Studierenden mittels des deutschsprachigen Fragebogens HLS-EU-Q16 (Röthlin et al., 2013). In die Auswertung gingen die Daten von 155 Studierenden (52.3 % weiblich; MAlter = 23.50, VB = 20-39 Jahre) ein. 47.7 % der Sportstudierenden nehmen Schmerzmittel im Kontext sportpraktischer Prüfungen und Lehrveranstaltungen ein. Am Beispiel Ibuprofen zeigt sich, dass im Vergleich zur Situation vor fünf Jahren weniger Schmerzmittel eingenommen werden (p = .02, h = .20), aber die Schmerzmittelprävalenz weiterhin als hoch einzuschätzen ist. Ein systematischer Zusammenhang zwischen Schmerzmitteleinnahme und HL kann statistisch nicht abgesichert werden (rs = .03, p = .79). Sportstudierende, die Schmerzmittel einnehmen, neigen mehrheitlich zu einer Unterschätzung von Nebenwirkungen und holen nur zur Hälfte ärztlichen Rat ein (51.4 %). Studienfortschritt und HL weisen einen schwach positiven Zusammenhang auf (rs = .23 [95 % KI: .07, .38], p = .004), wobei 74.7 % der Studierenden eine als unzureichend einzustufende HL zeigen. Das Ausmaß der Schmerzmitteleinnahme bei Sportstudierenden befindet sich im Vergleich zu Bumann et al. (2020) auf einem niedrigeren, aber weiterhin hohen Niveau, auch wenn man hierbei den geringeren Stichprobenumfang entsprechend berücksichtigt. Die Daten deuten auf eine wenig informierte Schmerzmitteleinnahme und eine unzureichende gesundheitsbezogene Handlungsfähigkeit im Mikrosystem Universität hin. In Anbetracht möglicher gesundheitsschädlicher Konsequenzen einer unreflektierten Schmerzmitteleinnahme liefert die Studie Ansatzpunkte, dass eine Förderung der HL sowie die Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen im Sportstudium mehr Berücksichtigung finden sollte. Effectivity of a family-based mobile health intervention to promote physical activity and healthy eating – results of the SMARTFAMILY2.0 trial Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland Mobile health interventions are promising tools to deliver health behavior change interventions due to their adaptability and wide reach. The SMARTFAMILY study aimed to evaluate the effectiveness of a theory and behavior change techniques (BCTs) based mobile health intervention within families for behavior change in physical activity (PA) and healthy eating (HE). The study was a cluster-randomized control trial for adults and children who are sharing a common everyday life and live together as a family (see Wunsch et al, 2020). The SMARTFAMILY2.0 trial included a baseline assessment (T0) over one week, followed by a three-week intervention with - among other BCTs - collaborative goalsetting and a just-in-time adaptive intervention on the application (intervention group) or a no-treatment period (control group). Directly after this period a second assessment over one week (T1) took place and four weeks later a follow-up was assessed using questionnaires only (T2). The main outcomes were self-reported and device-based measured PA, self-reported HE, and secondary domain-specific outcomes included intrinsic motivation, self-efficacy, and the family health climate. Results will be analyzed using a general linear mixed model with random intercepts which accounts for participants being nested within families. Data from 51 families (intervention group: 26 families with 98 participants; control group: 25 families with 94 participants) will be used for the analyses. Results regarding a group x time interaction for any PA or HE measure will be reported. Additionally, the association of the secondary outcomes self-efficacy, intrinsic motivation, and family health climate with the PA and HE outcomes will be explored. Finally, the individual development of participants and families will be screened for responder/non-responder patterns. Calculation of the results is currently in progress and the results will be fully available at the conference. Limitations of the study include that the age of children varied a lot as older and younger siblings were also included, the sample was already quite active at baseline, and data collection was conducted during the Covid-19 pandemic which might have influenced the results due to the restrictions even though we only collected data when schools were open. This pre-registered and well-powered study will enhance our understanding of mHealth interventions within the family setting and the covariates allow us to explore the results from different perspectives. A synthesis of frameworks and future directions for just-in-time adaptive interventions in mobile physical activity interventions Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland Mobile health (mHealth) solutions seem to be a promising approach to tackling a sedentary lifestyle in modern society. They have the potential to identify situations when people are likely to engage in unhealthy behavior or when they face opportunities to perform healthy behaviors. These situations can serve as triggers to manipulate current behavior, defined as just-in-time adaptive interventions (JITAIs) by using real-time behavioral data. The current position paper aims to provide a “think piece” by synthesizing evidence into a short conceptual overview of JITAI research by creating a framework and discussing future directions of JITAI research with a focus on PA interventions. Most existing JITAI studies show considerable methodological constraints regarding effectiveness measures, i.e. regarding sample size, study design, and reporting of JITAI features. Due to the novelty of this research topic, most studies focus on feasibility rather than on the examination of effectiveness in order to aggregate basic knowledge about JITAIs. In conclusion, JITAIs are a promising feature in mHealth applications, however, showing a lack of theoretical underpinning until today. To summarize evidence on JITAI implementation research and to provide some guidance, the following key features were identified: a JITAI should 1) correspond to real-time needs; 2) adapt to input data; 3) be system-triggered; 4) be goal-oriented; and 5) be customized to user preferences. These features aim to provide first insights into how to guide researchers and practitioners when developing and reporting JITAI features implemented in mHealth interventions. Even though JITAIs are a very promising data-based approach for behavior change, participants' opinions and preferences have to be considered when designing such interventions. The goal is to empower participants to change their behavior using subtle and frequent reminders and not to force them towards a goal. If participants are involved in the decision-making, the algorithm benefits as well and will fit the preferences far better than by device-based measured data alone. Another important aspect is data security. As this kind of intervention uses a large amount of personal data in real-time, scientists have to be extra careful in setting up encrypted connections and choosing the right server. Concluding from the existing knowledge, the potential of machine learning and deep learning principles for JITAIs regarding mHealth should be further explored and established. |
10:30 - 11:30 | AK27: Entwicklung Ort: V 7.11 Chair der Sitzung: Till Utesch, Westfälische Wilhelms-Universität Münster |
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Associations between Physical Activity and Factors of Healthy Growing Up in Childhood and Adolescence During Covid-19 Pandemic: A Systematic Review WWU Münster, Deutschland There is clear evidence that the Corona pandemic had several effects on human behavior due to the severe restrictions in public life (Wilke et al., 2022), especially to habits that are related to health such as sedentary behavior, sleep or diet habits or physical activity (PA). Several research studies as well as systematic reviews deal with the effects of the pandemic on these health behaviors (for PA, Stockwell et al., 2021). Many studies and reviews confirm a change of PA due to the circumstances of lockdowns and restrictions worldwide and for different age groups, especially for childhood and youth. However, the association of these PA changes with physical, psychological and social health have not been not clearly identified yet. Therefore, the research question of this systematic review was: Which relationships can be found between PA and sports behavior and factors of healthy growing up in childhood and youth during the pandemic of Covid-19? A systematic review in accordance with PRISMA guidelines (Page et al., 2020) was conducted. The review followed the recommendations for ethical publishing of systematic reviews. In April 2022, 69,048 potential studies were identified within nine electronic databases (e.g., Web of Science, PubMed, SportDiscus, SCOPUS). The search-string was: (Corona OR COVID-19 OR SARS-CoV-2 OR Pandemic) AND (“Physical Activity” OR “Sport*” OR “Physical Education” OR games OR play) AND (Children OR Youth OR Kids OR adolescents OR “young age” OR School OR Pupils OR Students). In all, 65 studies dealing with the correlates of PA changes and sport participation with health outcomes were included in the synthesis covering relations to physical health (BMI, fitness), psychological health (depression, mental health, well-being, mood, resilience, self-concept, anxiety, stress), social health (conflicts, behavioral problems, friendships) and related health habits such as screen time, diet, media behavior or sleep. Also, associations to predictors of PA behavior such as motivation are reported. The results are discussed for differences in gender and age. With help of the synopsis, consequences for fostering physical activity are discussed as the results show the urgent need for post-pandemic interventions and political actions in childhood and adolescence. Understanding School-Children’s Perceived Movement Skill Competence in Stability: Towards a Supervised Group Administration in Physical Education 1University of Valencia, Spain; 2Deakin Univeresity Melbourne, Australia; 3University of Münster, Germany Perceived motor competence (CM) is an integral aspect of children’s movement behaviour. Among the characteristics of instruments designed for assessing children’s perceived MC it is suggested that scales are pictorial and provide enough amount of options of response. The pictorial scale of Perceived Movement Skill Competence (PMSC) - which originally focused on measuring perceived MC in locomotor and object control skills in children - has recently been extended to also cover stability skills. However, evidence of reliability and validity of the PMSC Stability in children is lacking. Additionally, in young children around 8 years-old, the PMSC is completed using a one-on-one individual interview format. This one-on-one administration method can be time consuming. Alternatively, a supervised group administration might be as effective - especially in older children - and more efficient. The purpose of this study was to analyse evidence of validity and reliability of both scales, the PMSC and the PMSC Stability, according to the procedure of assessment (i.e., one-on-one individual interview and supervised-guided administration). A sample of 635 primary school children (49.1% girls, 8.0-10.9 years-old) participated in this study voluntarily. Children’s perceived MC was assessed by using the PMSC (locomotion, and object control skills) and the PMSC Stability following two counterbalanced procedures: one-on-one individual interview and supervised group administration 10-14 days apart (M = 12.83 days, SD = 1.6). Confirmatory factor analyses (CFA) and Rasch’s models were conducted to examine the validity and reliability of the children’s perceived MC and their the scale perceptions. Each CFA, for the PMSC (locomotion and object control skills) and the PMSC Stability in both procedures of administration, informed of the original hypothesized one factor models per dimension was an adequate fit. The present study showed good-to-excellent agreement between both types of administration (CFA: all CFIs > .95, RMSEAs < .05) and higher internal consistency for the supervised group administration (α > .78). However, Rasch Analyses showed that scale perception was different for one-on-one administration with better differentiation in children with lower levels of PMC compared to group administration that had better differentiation in children with higher levels of PMC as shown by the different distances of the thresholds of ICCs. Regardless of the procedure of assessment, construct validity of the PMSC Stability in primary school children (8-11 years-old) is confirmed with similar internal consistency of the children’s responses, according to the current findings. However, the aim of an assessment should inform one-on-one or supervised group administration with regard to the target groups (e.g., talents vs. individual support) in order to ensure reliable answers with regard to PMC level. Bewegungsförderung zwischen Theorie und Praxis – Eine Qualitative Datenanalyse zu den erlebten Barrieren der realen Welt. 1Universität Konstanz, Deutschland; 2Medical School Hamburg Nach wie vor ist ein zu großer Anteil an Kindern nicht ausreichend körperlich aktiv, daher sind Bewegungsförderung und die Entwicklung eines aktiven Lebensstils zentrale Herausforderungen. Die Schule ist in Bezug auf Bewegungsförderung ein zentrales Setting. Es existieren eine Vielzahl an sorgfältig geplanten und theoriebasierten Interventionen in diesem Bereich. Das Problem ist allerdings, dass diese Interventionen - über die Effekte in kontrollierten Settings hinaus - eine insgesamt geringe Wirksamkeit zeigen. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass es bisher an Wissen zu den tatsächlichen Lebensumständen der Menschen und den damit verbundenen Barrieren mangelt (Naylor et al., 2015). Ein häufiges Problem bei schulbasierten Interventionen ist der Einbezug der Eltern bzw. der Familie, die meist nur schlecht erreicht werden. Diese nehmen in der Bewegungsförderung von Kindern jedoch eine Schlüsselrolle. Ziel dieser Studie ist es, mittels qualitativer Interviews mögliche Barrieren zu identifizieren. In leitfadengestützte Interviews wurden zunächst Familienexpert:innen (n = 11), wie Sozialarbeiter:innen, Lehrer:innen und Kinderärzt:innen und anschließend Familien (n = 7) zu den Herausforderungen bei der Erreichung von Familien befragt. Die befragten Familien nahmen nicht an der Intervention des übergeordneten Projektes teil, um zu gewährleisten, dass das Interview unbefangen ist. Die im Interview thematisierten Herausforderungen bezogen sich jeweils auf konkrete Alltagssituationen. Die Rekrutierung der Teilnehmer:innen erfolgte nach dem Prinzip der theoretischen Sättigung. Die Interviews wurden transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet, dabei wurden anhand deduktiver, wie auch induktiver Herangehensweisen Kategorien gebildet. Häufig thematisiert wurden Lebensumstände und Gesundheitsbewusstsein. Insbesondere der Faktor Zeit schien eine große Hürde für Familien darzustellen, der sich nach inhaltlicher Interpretation allerdings der Kategorie "Prioritäten setzen" zuordnen lässt. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ließ sich aus der Gegenüberstellung von Familien und Schulakteuren ableiten und fällt in der Bereich Kommunikation. Auf der einen Seite beschweren sich Schulen, dass Familien sich nicht genügend engagieren. Auf der anderen Seite fühlen sich Familien nicht einbezogen oder erwünscht. Selbstbestimmung beziehungsweise das Gefühl, dass in den Alltag der Familien eingegriffen wird, ist ebenfalls ein Problem, das das Kommunikationsproblem zusätzlich verstärkt. Eine Erwartungshaltung gegenüber den Familien oder das Gefühl, kontrolliert zu werden, kann die Kommunikation von Beginn scheitern lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass mangelnde Kooperation und Kommunikationsprobleme zentrale Barrieren darstellen, was individuelle Strategien erfordert. Durch Qualitative Interviews können Probleme vor Ort sichtbar gemacht werden. Das Erfassen subjektiver Sichtweisen der Akteure ist notwendig und der direkte Kontakt unumgänglich, um auf die Bedürfnisse der Beteiligten eingehen zu können. Darauf aufbauend können Interventionen entwickelt und implementiert werden für eine nachhaltige Verhaltensänderung. Small talkers, tall talkers: A mixed-methods study of organic self-talk, sports performance and psycho-physiology in sixth-graders and their parents 1Universität Heidelberg, Deutschland; 2University of Suffolk, United Kingdom Self-talk is a central aspect of human life. As depicted in the neurovisceral integration model (Thayer et al., 2012) in its marker heart rate variability (HRV), self-talk constitutes a form of self-regulation and is associated with various psychological functions. In a sports context, the positive effects of self-talk on performance relate, inter alia, to the ability to adapt to potentially adverse circumstances (i.e., resilience) and to accept and grow from suchlike experiences (i.e., mindfulness). Theoretically, self-talk is frequently classified as a deliberately employed technique. Organic self-talk, reflecting on natural psychological processes (Latinjak et al., 2019), remains understudied, especially in children. Furthermore, the social influence of significant others on the development of self-talk is unclear. To fill this gap, the present study investigated the content and frequency of organic self-talk in sixth-graders and their parents independently during three standardized sporting tasks, and associations with performance, resilience, mindfulness and self-regulation, using a mixed-methods approach. In a school class of n = 22 students and n = 12 parents (not all parents agreed to participate), facilitative effects of goal-directed and positive-spontaneous, and debilitating effects of negative-spontaneous and stimulus-independent self-talk on performance, psychological and physiological variables were hypothesized. The influence of mindwandering was investigated exploratively. Qualitative content analyses of semi-structured interview data identified goal-directed and spontaneous self-talk as the most frequent forms of organic self-talk, serving to regulate behavior, express bodily sensations and negative predictions. Stimulus-independent self-talk and mindwandering were less common. Organic self-talk was similar in content between students and parents, but differed in frequency of display. For quantitative analyses, total organic self-talk category values were calculated. Single linear and binominal logistic regression analyses found goal-directed and positive-spontaneous self-talk to be significant positive predictors of performance; mindwandering emerged as a significant negative predictor. Positive-spontaneous self-talk was significantly positively associated with baseline HRV in one task. No relationships were detected between self-talk, resilience and mindfulness. Results indicate an increased occurrence of goal-directed and positive-spontaneous self-talk in performance situations. Especially the complex interplay of personal, motivational and environmental factors such as task importance, perceived engagement or arousal were identified as auspicious starting points for future research, that should also focus on experimentally investigating the direction of causality between self-talk and performance. This is of particular importance as the effects of organic self-talk on performance and self-regulation appear trainable through targeted reflexive self-talk interventions and are expected to be transferable to broader performance domains. |