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Sitzungsübersicht
Sitzung
AK03: Emotionen und Emotionsregulation im sozialen Kontext Sport
Zeit:
Donnerstag, 18.05.2023:
15:15 - 16:45

Chair der Sitzung: Sascha Leisterer, Universität Leipzig
Chair der Sitzung: Svenja A. Wolf, Florida State University
Ort: V 7.01

164 Plätze

Präsentationen

Emotionen und Emotionsregulation im sozialen Kontext Sport

Chair(s): Sascha Leisterer (Universität Leipzig, Deutschland), Svenja A. Wolf (Florida State University)

Ziel dieses Symposiums ist es, ausgewählte Forschungsschwerpunkte zu Aspekten der Entstehung, dem Erleben, des Ausdrucks und der Regulation von Emotionen im sozialen Kontext Sport darzustellen und die Wechselwirkung zwischen intra- und interpersonalen Mechanismen und ihren Effekten zu thematisieren. Zur Untersuchung der Funktionalität von Emotionen im Kontext des Sports ist es notwendig, die Emotionsregulation als flexibel einsetzbare Fähigkeit zu betrachten (Kobylińska & Kusev, 2019), die das Entstehen, den Ausdruck, das Erleben sowie die intra- und interindividuelle Regulation berücksichtigt und in Abgleich mit unterschiedlichen Situationen aus dem Individual- sowie Mannschaftssport stellt (Ruiz & Robazza, 2020; Tamminen et al., 2019). Erstens fokussiert Sascha Leisterer in seinem Beitrag „Determinanten der intraindividuellen Emotionsregulation für die soziale Emotion Stolz“ die Regulation der sozialen Emotion Stolz auf intraindividueller Ebene. Zweitens betrachtet Lea Boecker mit dem Beitrag „Soziale Vergleiche als Determinanten sozialer Emotionen und ihrer Verhaltensderivate“ den Aspekt der intraindividuellen Regulation sozialer Emotionen im sozialen Vergleich. Drittens untersucht Julian Fritsch den Aspekt der interindividuellen Emotionserkennung und -regulation am Beispiel Tennis mit dem Beitrag „Eine Untersuchung zur Rolle der empfundenen Sicherheit bei der Erkennung von affektiven Zuständen im Tennis“. Viertens zeigt Svenja A. Wolf die Effekte kollektiv erlebter Emotionen anhand ihres Beitrags „Vereint in Freud und Leid? Die Zusammenhänge zwischen kollektiven Emotionen unterschiedlicher Valenz und Indikatoren der Mannschaftsgeschlossenheit“ auf. Fünftens analysiert Vanessa Wergin das Phänomen des team collapse mit dem Schwerpunkt der intra- und interindividuellen Emotionsregulation in ihrem Beitrag „Like Emotional Zombies – Individuelle und interpersonelle Emotionsregulation in Teameinbruchsituationen“. Die fünf Vorträge werfen verschiedene Schlaglichter auf das Thema Emotionen und ihre intra- und interindividuelle Regulation im Sport, die in einer abschließenden Gesamtdiskussion zusammengefasst werden. Darauf aufbauend können gezielt mögliche zukünftige Forschungsansätze bezüglich Emotionen und Emotionsregulation im sozialen Kontext Sport benannt und diskutiert werden.

 

Beiträge des Arbeitskreises

 

Determinanten der intraindividuellen Emotionsregulation für die soziale Emotion Stolz

Sascha Leisterer, Enno Winkler
Universität Leipzig

Das Erleben der Emotion Stolz – ein positives Erleben, das auf eine persönliche Erfolgszuschreibung bezogen wird – erscheint eng verbunden mit Leistungssituationen im Sport. Jedoch kann dieses Stolzerleben in die eher funktionale Emotion Stolz und die eher dysfunktionale Emotion Hochmut unterteilt werden (Tracy & Robins, 2007), wobei unklar ist, welche Zusammenhänge zwischen Stolz und Hochmut mit individuellen Dispositionen und persönlichen Erfolgszuschreibungen im Sport bestehen. Individuelle Dispositionen können auf die semantische Differenzierung zwischen Stolz als positives Erfolgserleben und Hochmut als positives Gefühl hinsichtlich eines Dominanzstrebens zurückgeführt werden, die Parallelen zu den Beschreibungen der impliziten Motive nach Leistung und Macht zeigen (Wegner, 2020). Außerdem können persönliche internal-variable Erfolgszuschreibungen folglich mit dem Erleben von Stolz und internal-stabile Attributionen in ihrer Folge mit Hochmut assoziiert werden. Attributionsstile korrelieren jedoch auch mit den Motivkomponenten Hoffnung und Furcht (Schüler & Elbe, 2020). Da Stolz gerade für den Sport als funktionale Emotion betrachtet werden kann (Sabiston et al., 2020), ergibt sich die Zielstellung, Sportler:innen eine bessere Regulierung von Stolz und Hochmut zu ermöglichen. Dabei sollte auf individuelle Determinanten – Persönlichkeitsmerkmale und individuelle Faktoren – geachtet werden (Kobylińska & Kusev, 2020), wofür zunächst Zusammenhänge zwischen den Emotionen Stolz und Hochmut mit der individuellen impliziten Motivorientierung, den Motivkomponenten und den Attributionsstilen identifiziert werden. In einer laufenden querschnittlichen Befragung mit aktuell N = 11 Freizeitsportler:innen (davon zehn weibliche, eine männliche Person; angestrebt sind N = 25) werden Stolz und Hochmut, implizite Motive, Motivkomponenten und Attributionsstile mittels der Pride Scale (Tracy & Robins, 2007), der Picture Story Exercise (Winter, 1994), des Multi-Motiv-Gitters (Schmalt et al., 2000) sowie des Attributional Scale Questionnaire (Peterson et al., 1982) erfasst, um die Zusammenhänge zwischen Stolz und Hochmut mit den individuellen Determinanten mit bivariaten Pearson-Korrelationsanalysen zu explorieren. Erste Ergebnisse zeigen ausschließlich negative Zusammenhänge für Stolz mit den Motivkomponenten Furcht vor Misserfolg (r = -.78, p = .008, CI95%[-.94; -.26]) und Furcht vor Kontrollverlust (r = -.70, p = .035, CI95%[-.93; -.03]). Demgegenüber stehen Korrelationen von Hochmut mit Hoffnung auf Erfolg (r = .75, p = .020, CI95%[.12; .94]), Hoffnung auf Kontrolle (r = .86, p = .003, CI95%[.41; .97]), internal-variabler Kausalattribution (r = -.76, p = .017, CI95%[-.94; -.16]) sowie den impliziten Motiven Macht (r = .76, p = .017, CI95%[.15; .94]) und Leistung (r = .81, p = .009, CI95%[.26; .95]). Demnach können Stolz und Hochmut als möglicherweise distinkte funktionale Emotionen im Sport diskutiert werden. Während Stolz eher mit einer für den Sport wichtigen Limitierung von Furchtkomponenten einhergeht, erscheint Hochmut mit einer weniger beeinflussbaren persönlichen Erfolgsüberzeugung assoziiert zu sein. Zukünftige Studien sollten demnach verstärkt die Funktion der Motivkomponenten zur Beeinflussung von Stolz und Hochmut sowie das Bedingungsgefüge zwischen einer internal-variablen Kausalattribution und Hochmut erörtern.

 

Soziale Vergleiche als Determinanten sozialer Emotionen und ihrer Verhaltensderivate

Lea Boecker
Leuphana Universität Lüneburg

Wenn wir mit den Erfolgen und Misserfolgen anderer Personen konfrontiert werden, reichen unsere Emotionen von emphatisch (Mitfreude, Mitleid) zu nicht-emphatisch (Neid, Schadenfreude) und unser Verhalten von prosozial (Belohnung) bis zu antisozial (Bestrafung). Diese Emotionen spielen auch im Sport eine große Rolle (Boecker, 2019). Neun Experimente (N = 1,827) deuten darauf hin, dass diese Reaktionen auf sozialen Vergleichsprozessen beruhen und Personen aversiv auf Ungleichheit reagieren (Boecker et al., 2022). In allen Experimenten spielten die Teilnehmenden eine Lotterie, bei der sie verschiedene Geldbeträge gewinnen oder verlieren konnten. Wir präsentierten den Teilnehmenden die Lotterieergebnisse (Gewinn versus Verlust) anderer Personen und variierten die Vergleichsrichtung: Die anderen Personen schnitten auf der Vergleichsdimension (Startgeld oder kognitive Fähigkeiten) vor der Lotterie entweder niedriger ab (Abwärtsvergleich), gleich (Lateralvergleich) oder höher (Aufwärtsvergleich). Wir erfassten Emotionen bezogen auf die Lotterieergebnisse und in zwei Experimenten gaben wir den Teilnehmenden zusätzlich die Möglichkeit, den anderen Personen Geld (Experiment 5) oder Lotterielose (Experiment 6) zu geben oder weg zu nehmen. Über die Experimente hinweg, verstärkten Aufwärtsvergleiche Neid und Schadenfreude und Abwärtsvergleiche Mitleid und Mitfreude. Wenn die Relevanz der Vergleichspersonen (Experiment 4a) oder der Vergleichsdomäne (Experiment 4b) gering war oder wenn die Teilnehmenden keinen eigenen Referenzpunkt für den Vergleich hatten (Experiment 4c), wurde der Effekt der Vergleichsrichtung abgeschwächt. Die Emotionen sagten ebenfalls vorher, wie prosozial man sich verhielt. Neid und Schadenfreude sagten weniger, Mitfreude und Mitleid dagegen mehr prosoziales Verhalten vorher. Die vier Emotionen erklärten außerdem als parallele Mediatoren in einem Mediationsmodell den Effekt sozialer Vergleiche (UV) auf prosoziales Veralte (AV; Geld/ Lotterietickets zuteilten). Die Ergebnisse ließen sich auch in Leistungsdomänen finden, in denen Statusunterschiede nicht auf Glück, sondern auf Talent und Anstrengung beruhten und lassen sich deshalb auch auf die Sportdomäne übertragen. Die Ergebnisse deuten an, dass die negativ erlebten Emotionen Neid und Mitleid dann stark erlebt werden, wenn sich die Ungleichheit zwischen einem selbst und der anderen Person verstärkt, und die positiv erlebten Emotionen Schadenfreude und Mitfreude, wenn sie reduziert wird Goetz & Peng, 2019; Royzman & Rozin, 2006). Ich integrieren die Ergebnisse in einem Sozialen Vergleichsmodell und diskutiere Implikationen für soziale Vergleiche und Emotionen im Sport.

 

Eine Untersuchung zur Rolle der empfundenen Sicherheit bei der Erkennung affektiver Zustände im Tennis

Julian Fritsch1, Kirstin Seiler2, Matthias Wagner2, Chris Englert3, Darko Jekauc1
1Karlsruher Institut für Technologie, 2Universität der Bundeswehr München, 3Goethe-Universität Frankfurt

Die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen löst häufig verschiedene emotionale Reaktionen aus, die sich u.a. im nonverbalen Verhalten der Sporttreibenden widerspiegeln (Furley & Schweizer, 2020). Eine methodische Herangehensweise, um die Rolle emotionaler Reaktionen im Sport zu erforschen, ist es, Versuchspersonen Videosequenzen sportlicher Wettkämpfe zu präsentieren und diese zu instruieren, anhand des nonverbalen Verhaltens der dargestellten Sporttreibenden, eine Einschätzung dazu zu geben, ob der vorherige Punkt gewonnen oder verloren wurde. Im Tennis konnte mit diesem Ansatz zum Beispiel gezeigt werden, dass der negative affektive Zustand nach einem verlorenen Ballwechsel eher erkannt wird als der positive affektive Zustand nach einem gewonnenen Ballwechsel (Fritsch et al., 2022). Um ein besseres Verständnis davon zu bekommen, wie die Personen, die das Video betrachten, zu ihrem Urteil kommen, wurde in der vorliegenden Studie die Rolle der empfundenen Sicherheit in die eigene Entscheidung als dabei ein zugrundeliegender Prozess untersucht. Die konkreten Fragestellungen lauteten, ob (a) der Punktausgang des Ballwechsels mit der empfundenen Sicherheit zusammenhängt, (b) die empfundene Sicherheit mit dem Urteil (d. h., Entscheidung ob Punkt gewonnen oder verloren wurde) zusammenhängt, und (c) die empfundene Sicherheit die Korrektheit der Antworten beeinflusst. Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden 269 Personen (116 weiblich; M = 30.51 Jahre) jeweils 60 Videos à drei Sekunden präsentiert, in denen das nonverbale Verhalten von Tennisspielenden direkt nach Punktende zu sehen war. Dabei sollten die Personen nach jedem gesehenen Video ein Urteil dazu abgeben, ob der vorausgehende Ballwechsel gewonnen oder verloren wurde und wie sicher sie sich bei der Einschätzung ihrer Antwort waren (1 = „gar nicht sicher“ bis 7 = „sehr sicher“). Hinsichtlich der ersten Fragestellung zeigte sich, dass Personen bei der Betrachtung von verlorenen Punkten (M = 5.02; SD = 1.69) eine etwas höhere empfundene Sicherheit als bei der Betrachtung von gewonnenen Punkten (M = 4.87; SD = 1.70) aufweisen (b = 0.15, t (1) = 6.32, p <. 01, d = 0.09). In Bezug auf die zweite Fragestellung ist festzustellen, dass die empfundene Sicherheit nicht mit der Antwort zusammenhängt, ob der Punkt gewonnen oder verloren wurde (OR = 0.99, χ2 (1) = 2.56, p = .11). Zuletzt konnte hinsichtlich der dritten Fragestellung festgestellt werden, dass eine höhere empfundene Sicherheit einen positiven Einfluss auf die Korrektheit der Antworten hatte (OR = 1.24, χ2 (1) = 489,29, p <.01). Die Ergebnisse legen nahe, dass die höher empfundene Sicherheit bei verlorenen Punkten eine mögliche Erklärung dafür bietet, dass diese besser als gewonnen Punkte erkannt werden.

 

Vereint in Freud und Leid? Die Zusammenhänge zwischen kollektiven Emotionen unterschiedlicher Valenz und Indikatoren der Mannschaftsgeschlossenheit

Svenja A. Wolf1, David Eccles1, Vanessa Wergin2
1Florida State University, 2The University of Queensland

Mannschaften bestehen zumeist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Deshalb bewerten wir sie auch zumeist auf Basis ihrer Leistung und weniger auf Basis ihrer sozialen Qualitäten. Die soziale Geschlossenheit einer Mannschaft kann aber entscheidend zum Mannschaftserfolg beitragen und zusätzlich Mitgliederbindung, -freude und -adhärenz steigern (Knight & Eisenkraft, 2015; Spink et al., 2015). Um Mannschaftsgeschlossenheit zu fördern können diverse, mehr oder weniger komplizierte und zeitintensive Maßnahmen angewandt werden (Martin et al., 2009). Eine alternative und möglicherweise effizientere Fördermaßnahme könnte in der Erfahrung kollektiver Emotionen innerhalb der Mannschaft liegen (d.h., Mannschaftsmitglieder erleben ähnliche Emotionen) da höhere kollektive Emotionen mit stärkerer Mannschaftsgeschlossenheit (d.h. Bindung der Mitglieder an die Mannschaft und Zusammenhalt der Mannschaft als Ganzes) in Beziehung stehen (Tamminen et al., 2016; Zumeta et al., 2016). Allerdings stellt sich die Frage, ob dies für kollektive Emotionen aller Valenz, z. B., angenehme Freude über einen Sieg als auch unangenehme Frustration über eine Niederlage, gilt (Knight & Eisenkraft, 2015). Außerdem kann Mannschaftsgeschlossenheit auf diverse Arten definiert werde, auf Mannschafts- vs. Mitgliederebene, affektiv, kognitiv und behavioral. Vorläufige Fragebogenantworten (Blanchard et al., 2020; Bruner & Benson, 2018; Eys et al., 2007; Jones et al., 2005; Scanlan et al., 2016) von 66 Mannschaftssporter:innen vor und nach einem Spiel zeigen, dass wahrgenommene kollektive Emotionen, über Ebenen und Ausprägungen hinweg, 9% bis 39% der Varianz in der wahrgenommenen Mannschaftsgeschlossenheit aufklären. Während höhere angenehme kollektive Emotionen mit stärkerer Geschlossenheit in Beziehung stehen, zeigen unangenehme kollektive Emotionen keine Verbindung zu Geschlossenheit. Allerdings ist es die seitens der Sportler:innen wahrgenommene emotionale Ähnlichkeit innerhalb ihrer Mannschaft (unabhängig von Valenz), welche den stärksten positiven Zusammenhang mit Mannschaftsgeschlossenheit hat. Auch besteht ein positiver Zusammenhang von kollektiven Emotionen mit Geschlossenheitsindikatoren auf allen Ebenen und in allen Ausprägungen. Das heißt, vorläufig können wir schließen, dass die Erfahrung von höherer emotionaler Ähnlichkeit innerhalb einer Mannschaft mit stärker wahrgenommener Mannschaftsgeschlossenheit in Beziehung steht und dass es dabei kaum eine Rolle spielt ob die Emotionen angenehm oder unangenehm sind. Vielmehr scheint es darauf anzukommen, dass die Mannschaftmitglieder wahrnehmen, dass sie ähnlich fühlen. Dies könnte sie darauf hinweisen, dass ihre Mannschaftskamerad:innen die Situation ähnlich (wichtig) bewerten (Lazarus, 1999) oder ihnen als Anlass zur sozialen Kategorisierung dienen (Livingstone et al., 2011). Sollte dies so sein ist es entscheidend, dass Mannschaftsmitglieder ihre Emotionen auch ausdrücken und miteinander teilen um von den möglicherweise vorteilhaften Effekte höher wahrgenommener Geschlossenheit in Freud und Leid zu profitieren.

 

“Like Emotional Zombies” – Individuelle und interpersonelle Emotionsregulation in Teameinbruchsituationen

Vanessa Wergin1, Shane Pasco2, Cliff Mallett2, Svenja A. Wolf3
1The University of Queensland & Technische Universität München, 2The University of Queensland, 3Florida State University

Das Erleben eines kollektiven Leistungseinbruchs oder „Teameinbruchs“, führt in der Regel zum Verlust des Spiels für die entsprechende Sportmannschaft (Wergin et al., 2018). Während der Beginn eines Teameinbruchs durch ein kritisches Event gekennzeichnet ist, wie beispielsweise vermehrte Eigenfehler, punkten des Gegners oder eine Spielunterbrechung, spielen insbesondere leistungsmindernde Emotionen, die weiteren Fehler verursachen, eine Rolle bei der Aufrechterhaltung des Teameinbruchs (Wergin et al., 2019, 2022). Diese Emotionen können sowohl individuell erlebt als auch zwischen Teammitgliedern übertragen werden (Wergin et al., 2018). Folglich stellt sich die Frage inwiefern individuelle und interpersonelle Emotionsregulation beeinflussen, ob sich in einer Mannschaft nach einem kritischen Event einen Teameinbruch entwickelt und aufrechterhalten wird oder nicht.

Um diese Fragestellung zu beantworten, führten wir 5 Fokusgruppen mit insgesamt N1 = 40 Athlet*innen 5 verschiedener Sportmannschaften aus den Bereichen Fußball, Handball, Volleyball, und Cricket durch. Mit Hilfe von „Video-Assisted-Recall“ wurden die Sportmannschaften mit jeweils einer ihrer vergangenen Spielsituationen konfrontiert, in welcher sie ein kritisches Event, gefolgt von einem Teameinbruch erlebten, sowie mit einer Situation, in welcher auf ein kritisches Event kein Einbruch folgte. Die Teams wurden zu ihren erlebten Emotionen sowie zu individuellen und interpersonellen Emotionsregulationsstrategien in beiden Situationen befragt. Zusätzlich wurden die gleichen Videosequenzen von N2 = 5 unabhängigen Expert*innen in den jeweils gleichen Sportarten mittels eines Beobachterfragebogens hinsichtlich Interaktionen zwischen den Spieler*innen auf dem Feld beurteilt.

Qualitative Analysen basierend auf einem sozial-konstruktivistischen Paradigma (Kim, 2001) zeigten, dass Teams, die nach einem kritischen Event einen Teameinbruch erlebten, weniger untereinander interagierten als Teams, die nach einem Event keinen Einbruch erlebten, und ihre Emotionen entweder unterdrückten oder leistungsmindernde Emotionen zum Ausdruck brachten. Der Ausdruck dieser Emotionen (z.B. durch gegenseitige Schuldzuweisungen) führte zu einer negativen Atmosphäre in der Mannschaft. Wenn Emotionsregulationsstrategien angewendet wurden, wurden diese in Teameinbruchsituationen als weniger effektiv beschrieben. Einige Mannschaften berichteten zudem von einer erlebten emotionalen Leere oder auch „emotionalen Zombies auf dem Spielfeld“ und einem mangelnden Bewusstsein für eigene Emotionen sowie für die von Mitspieler*innen in Teameinbruchsituationen.

Individuelle wie auch interpersonelle Emotionsregulation scheinen den Verlauf eines Teameinbruchs als Folge eines kritischen Events maßgeblich beeinflussen. Zudem wird die Wichtigkeit eines bewussten Wahrnehmens von eigenen Emotionen und Emotionen anderer in schwierigen Spielsituationen nach dem Erleben eines kritischen Events verdeutlicht. Da insbesondere der Umgang mit erlebten Emotionen für den weiteren Verlauf des Spiels entscheidend zu sein scheint, sollte die gezielte Anwendung von individueller und interpersoneller Emotionsregulationsstrategien in Teambeinbruchsituationen in Betracht gezogen werden. Weitere praktische Implikationen und Ansatzpunkte zukünftiger Forschung werden diskutiert.